Psychotherapie kann auch verstanden werden als Hilfe, die Lebensbalance zu (er-)halten oder neu zu finden zwischen Arbeit, Finanzen, selbstgestaltetem Leben, Familie, Freizeit, Wohnen, Hobbys, Glückserfahrung und Sinn.
Die Herausforderung ist dabei, das Leben als Kontinuum erfahren und halten zu lernen zwischen Anstrengung und Entspannung, zwischen Beständigkeit und Neuwerdung, sowie zwischen Individualität und Verbundenheit. Psychotherapie kann diese Suche und immer wieder Neufindung der Lebensbalance unterstützend begleiten.
Viele Menschen sagen heute: "Ich möchte nicht nur arbeiten. Ich möchte leben." Ist es richtig, wenn Menschen nicht um jeden Preis ihre Fähigkeiten nutzen, um voranzukommen, Karriere zu machen? Manche sagen: „Es soll etwas übrig bleiben an Zeit, und Raum für sie ganz persönlich.“
Menschen wollen und müssen verstehen, was um sie herum geschieht. Sie wollen bewältigen, was ihnen widerfährt und es zum verarbeiteten Erlebnis machen. Erfolge und Niederlagen, Konflikte und Krisen, Selbstzweifel und Höhenflüge wollen ins eigene Leben integriert werden. Das verlangt Raum zum Fühlen, zum Nachspüren und zum Nachdenken. Das braucht Kraft und Energie, Eigen-Rhythmus und Eigen-Zeit.
Doch der Zeit-Geist spricht eine andere Sprache: Er legt nahe, über die eigenen Grenzen hinaus zu leisten. Unterschiedlichste Anforderungsräume und -profile reihen sich nahtlos aneinander und wollen abgearbeitet werden. Arbeitsverdichtung und Zeitmangel bestimmen den Alltag vieler Menschen. Das private leben muss zur Wiederherstellung der Kräfte genutzt werden, darf nicht mehr einfach so dahinfließen, „springen und fliegen“.
Wer seelisch und körperlich gesund bleiben will, der sollte jedoch spüren können: Mein Leben ist sinnvoll. Es stimmt mit mir und dem, was ich vom Leben möchte, überein. - und das was nicht hinhaut oder an meinen Lebenswünschen vorbei geht, kann ich mal leichter und mal schwerer tragen und mit mir und meinem Selbstgefühl in Versöhnung bringen. Das ist aber nicht nur Schwerarbeit, sondern entspringt der gefühlten Leichtigkeit.
Die meisten von uns wünschen sich ein Leben, in dem sie ihrer Arbeit mit überschaubarem Druck und Freude nachgehen können und in dem sie ihre private Zeit mit gehörigem Abstand zur Arbeit genießen können.
Zu so einem Leben gehört es, sich ausführlich zu freuen: zum Beispiel am eigenen Körper und seinen Möglichkeiten, an Essen und Trinken, an der Natur, an Menschen und Begegnungen, an Momenten des Müßiggangs und des künstlerischen Gestaltens, wie auch an vielen anderen kleinen und größeren Dingen.
Leider kann das gesunde Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit nicht jeder im guten Sinne kultivieren, weil es sich nicht jeder leisten kann oder auch weil die mitgegebenen Voraussetzungen dafür (noch) nicht gegeben sind.
Ich sehe es als besonders wichtig an, Menschen in ihrer persönlichen Entfaltung von Lebenssinn zu unterstützen. Denn orientiert sich eine Person ganz bewusst an einem Lebenssinn und damit auch an Lebensfreude, erlebt sie eher Selbstachtung, Ich-Stärke, Kreativität, positive, menschliche Beziehungen, und somit auch eine erhöhte Lebensqualität mit einer besseren Immunität gegenüber psychischen und physischen Störimpulsen. Wer sich engagiert für einen Lebenssinn einsetzt, der über die eigene Person und über persönliches Glücksstreben hinausweist, verwirklicht "Selbst-Transzendenz", eine wichtige Bestimmung des Menschseins.
Einige befreundete Berufskollegen/innen sprachen einmal in einem Kreis auch mir verbundenen Menschen von einem gelingenden Dreiklang zwischen Herz (Begegnung, Wertschätzung, Erfüllung in Beziehung), Körper (Sich bewegen, aber auch genau hin spüren und Körpersignale als Aufruf zur Haltungsänderung ernst nehmen) und Geisteshaltung (Handle ich auch Angst, aus innerer Freiheit, aus Mitgefühl, aus Machtbedürfnis, aus Kontrollbedürfnis oder aus einer größeren Verantwortung für das Ganze heraus?).
Wenn einer dieser drei Bereiche stockt, Unzufriedenheit oder ungute Spannung hervorruft, ist der Dreiklang gestört. Nur wenn sie alle drei klingen und uns in ihrer Gesamtheit erfüllen und uns zu uns selbst führen, kann sich unsere Gesundheit im besten Sinne erhalten und von uns als solche auch erlebt werden.
Wir alle die auf diesen Seiten der Punkt-Genau-Seminare und der Praxis für Psychotherapie ihre Arbeit an und mit dem Menschen vorstellen, wollen die eigenverantwortlichen Kräfte der Menschen in Bezug auf ihre Gesundheit mobilisieren, ihre Selbstheilungskräfte unterstützen und sie darin begleiten, sich individuellen Gesundungswegen zu öffnen und zu stellen. Das schließt gute Wünsche für Ihre Gesundheit selbstverständlich mit ein.
Artikel in der Zeitschrift „Der Mensch – Zeitschrift für Salutogenese und anthropologische Medizin, Ausgabe Nr. 55, Jahrgang 2017, Seite 42-48; Psychotherapeutische Begleitung als individuelle Steuerungs- und Reflexionshilfe, eigene Gesundheit aktiv zu gestalten
Gedanken, die meine Arbeit und mein Selbstverständnis bei der Arbeit erhellen helfen.
Ich begreife mich jeden Tag neu als neugierig Forschender, verbunden mit den Menschen, die mir begegnen, - in Wertschätzung, Achtung, Liebe und Respekt.
Aus meiner Sicht unterstützt Psychotherapie Menschen darin, sich ihrer selbst bewusster zu werden, Selbst-Bewusstheit und Selbstbewusstsein zu entwickeln.
Dabei verstehe ich unter Selbst-Bewusstheit die spezifische Fähigkeit,…
die Diskrepanz zwischen gelebtem Leben und Vorstellungen/Ansprüchen/Wünschen
bewusst nachzudenken und „hinterher zu spüren“.
In wacher Aufmerksamkeit und ganz bewusst die eigenen, inneren Prozesse zuzulassen und wahrnehmen zu lernen, sowie sie zunächst so anzunehmen, wie sie sind und wie sie sich gestalten, ist für viele Menschen bereits eine große Herausforderung.
Meist nehmen wir zu unseren Empfindungen, Befindlichkeiten, Ahnungen oder Gefühlen gleich eine Haltung ein. Wir sind dafür oder dagegen und lassen damit unsere „innere Energie“ nicht mehr fließen.
Wir zwingen unsere Prozesse in die Vorstellungen, die wir bereits haben. Es zuzulassen, dass sie unseren Blickwinkel und unseren Gesichtskreis erweitern, macht uns Angst.
Selbst-Bewusstsein hat für mich etwas damit zu tun, davor keine Angst zu haben, sondern sich und dem Leben zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, dass wir mit dem Neuen, das da auftaucht, einen Weg finden werden und somit das „Eindringen vom Noch-Fremden“ neugierig in Vertrautes verwandeln lernen. Wir nehmen die Herausforderung zuversichtlich an.
Veränderung und neue Lebensqualität setzen genau da an, wo wir zum wachen Beobachter unserer selbst werden und nicht gleich in eine Haltung oder in ein gerichtetes Verhältnis gegenüber uns selbst gehen.
Nur so ist ein Überwachsen der eigenen Struktur und der eigenen Muster möglich, durch diese kleinen schöpferischen Momente, die Neues ermöglichen.
Das klingt sehr einfach, ist aber durchaus etwas, wofür es Erfahrungsräume braucht, in denen wir es, manchmal im geschütztem Rahmen, lernen können.
Daneben sind wir eingebettet in Zeitgeistthemen und gesellschaftliche Lebenshaltungen, die uns Richtung vorgeben. Oft haben wir nicht den nötigen Abstand oder zu wenig Vergleichsmöglichkeiten, um zu erkennen, wie gesellschaftliche Kräfte auf uns einwirken und was entwickelte und vorgegebene Strukturen mit uns machen. Dabei ist es unsere Aufgabe, einen für uns gesunden und befriedigenden Umgang zu lernen, die eigenen, individuellen Bedürfnisse und die gesellschaftlichen Angebots- und Anforderungshülsen abzugleichen und unsere ganz eigenen kreativen Lebenslösungen zu finden.
Psychotherapeutische Begleiter/innen erhalten Einblick in viele persönlich erlebte und gestaltete Lebenszusammenhänge. Sie sind durch Ihre Nähe, zu dem, was Menschen bewegt, auch nah am Puls der Zeit und können so die allgemeinen Auswirkungen von gelebter und vermittelter Gesellschaft erkennen. Sie können durch ihr breites Erfahrungswissen hier dem/der Einzelnen, der/die sucht und/oder leidet Erkenntnisräume und Entwicklungswege öffnen helfen.
Abschließende Verdichtung der Überlegungen, Quintessenz:
Wir bewegen uns zwischen einem Außen und einem Innen und die beiden „Bereiche“ stehen in einem dialektischen Verhältnis zueinander, sie berühren sich und bewegen sich gegenseitig.
Als Individuum in der Gemeinschaft seinen Platz zu finden, der Gemeinschaft zuzutragen, ihre Anforderungen annehmen oder verwandeln zu lernen auf dem Hintergrund eigener Werte und Wünsche, um sich ganz persönlich am Ende zufrieden und erfüllt zu fühlen, ist keine Zauberei, aber durchaus mit innerer Arbeit verbunden. In diesen beschriebenen Prozessen kann Psychotherapie unterstützend mitwirken.
„Wie finde ich hier und jetzt eine für mich überzeugende und befriedigende Lebensgestalt, deren Verwirklichung mich stärkt und mich meiner selbst im guten Sinne bewusst und hinreichend erfüllt sein lässt“, ist hier die untergründig mitschwingende Fragestellung.
Gedanken, die meine Arbeit und mein Selbstverständnis bei der Arbeit in meiner Praxis für Psychotherapie in Schwäbisch Hall erhellen helfen:
Ich begreife mich jeden Tag neu als neugierig Forschender, verbunden mit den Menschen, die mir begegnen, - in Wertschätzung, Achtung, Liebe und Respekt.
Selbstaktualisierungstendenz des Menschen als Anknüpfungspunkt in der psychotherapeutischen Begleitung
Jeder Mensch ist mit einer Art innerem, nicht fassbarem „Organ“,- einer Art innerer Kompass - ausgestattet, das auf der Grundlage weitergegebener Aufgaben aus den Vorgenerationen, gesammelter Erfahrung und eigenen Gewordenseins intuitiv immer wieder neu, mehr vorausahnend denn wissend, Schritte in eine noch nicht gelebte Zukunft hinein vorbereitet und uns auffordert, diese Schritte dann auch zu tun.
Wir können gewonnenes Leben nicht in seiner Form festhalten und wir können vorausgedachtes Leben nicht vorherbestimmen. Leben gestaltet sich nach Gesetzmäßigkeiten, die sich unserem linearen Denken entziehen. Leben führt uns in Situationen, die wir als Zumutung erleben und die uns auch das Gefühl von Überforderung erfahren lassen. Leben überrascht uns mit unvorhergesehenen Geschenken, lässt uns Augenblicke des Glücks zufließen und uns nach langem Bemühen plötzlich unerwartet eine Tür aufgehen, von der wir nicht geglaubt haben, dass sie noch aufgeht in diesem Leben.
Wir Menschen sind zuallererst geistige Wesen, die als solche auch ein eigenes Ziel verfolgen, das uns nicht immer schon bei Beginn der Reise bekannt und klar ist:
Immer mehr der Mensch zu werden, als der wir von „Gott“ gedacht sind, das ist unsere Aufgabe.
Dazu gehört es auch, mitunter in Krisen zu geraten, eigene Unzulänglichkeit und Ausweglosigkeit zu erfahren, sich wirkmächtig von Strukturen, Denk- und Verhaltensmuster der Eltern oder anderer Vorfahren gefangen genommen zu fühlen und durch aktuelle Situationen akut sein Leben bedroht zu fühlen.
Da uns dabei unsere Vorstellungen, unsere alltäglichen Ziele, unser Stolz, unsere Ängste, unsere Denk- und Handlungsmuster und vieles andere mehr immer wieder mal im Weg stehen, brauchen wir hin und wieder Hilfe von Dritten, die uns helfen, in die Richtung ins Fließen zu kommen, in die es gefühlt gehen soll. Wir können uns gegenseitig auf diesem Weg unterstützen, uns spiegeln, uns Richtungen weisen, Einladungen aussprechen, uns voneinander abgrenzen und dadurch Richtung finden oder uns Vorbild sein und uns den Anderen vor die Seele stellen. Wir können auf diese Weise Rückenwind füreinander sein und uns ermuntern, dass wir nicht damit aufhören, die Gestalt werden zu wollen, als die wir gedacht sind.
Verstehen wir Psychotherapie als Begleitung auf diesem Weg, sind die Menschen, die eine solche Begleitung in Anspruch nehmen, keine kranken Menschen, sondern Menschen, die in voller Eigenverantwortung Unterstützung annehmen, um ihre Lebenskraft wieder in einen guten Fluss zu bringen, der in eine ihnen gemäße Richtung führt. In diesem Sinne freue ich mich auf Sie!