Einjährige Ausbildung zum Systemischen Berater

I. Grundgedanken

Systemische Beratung hat sich aus der Systemischen Familientherapie entwickelt. Sie bezeichnet beraterische Unterstützung von unterschiedlichen Systemen, basierend auf systemischer Grundlage. Theoretischer Hintergrund sind unter anderem die Systemtheorie, Kommunikationstheorie, sowie die Erkenntnisse und Methoden verschiedener familientherapeutischer Schulen.

Bei Systemischer Beratung geht es primär um das Stärken der Ressourcen und Kompetenzen des jeweiligen zu beratenden Systems. Zur Betonung dieser Vorgehensweise wird Systemische Beratung häufig auch als "ressourcenorientierte Beratung" bzw. "lösungsorientierte Beratung" bezeichnet.

Systemisch denkende Berater und Beraterinnen gehen von der Selbständigkeit des Klienten aus und betrachten ihn als "Experten in eigener Sache". Ihre Haltung ist geprägt von Akzeptanz, Einfühlungsvermögen, Unvoreingenommenheit und Wertschätzung. Ausgehend von der Annahme, dass jeder Mensch eigene Lösungen entwickeln kann, arbeiten sie mit den vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen des Ratsuchenden.

Systemische Organisationsberatung ist ein Konzept, das vor allem von Unternehmensberatern angewandt wird. Eine der historischen Wurzeln ist ebenfalls die Familientherapie und der Versuch, diese auf komplexere, größere, soziale Systeme zu übertragen. Die Systemtheorie wird als theoretisches Reflexionsrepertoire während des Beratungsprozesses verstanden.

Die Systemische Organisationsberatung geht davon aus, dass sich komplexe Probleme nicht lösen lassen, wenn man die Aufmerksamkeit lediglich auf ein Element richtet.

Soziotechnische Systeme benötigen nach der Theorie der Systemischen Organisationsberatung nur Unterstützung bei der Lösung ihrer Probleme. Die Lösung muss von innen kommen. Die "Experten des Problems" sind die Mitarbeiter, die das Problem haben. Der Systemische Berater beschränkt sich auf Coaching, Anregung und hinführende Fragestellungen.

Man kann ein soziales System, wie ein Unternehmen, eine Abteilung oder eine Gruppe nur verstehen, wenn man die Regeln kennt, die das Verhalten der Personen in diesem System leitet.

Systemische Beratung ist Beziehungsberatung. Das Wohlergehen eines Menschen ist abhängig von seinem Kontakt zu Anderen. Hat jemand guten Kontakt zu seiner Gruppe / Familie und seiner Umwelt, geht es ihm gut. Ist der Kontakt belastet, fühlt er sich schlecht. Die Folge sind psychische Störungen und / oder Krankheiten.

Der Systemische Berater ist ein kundiger Helfer, wenn es darum geht verlorenen Kontakt wieder herzustellen, gestörten Kontakt neu zu gestalten, oder verworrene Beziehungen zu klären. Die andere Wirklichkeit entdecken. Keine Beziehung steht für sich allein. Jeder Mensch ist eingebunden in ein Netzwerk aus Beziehungen. Darin übernimmt er unterschiedliche Aufgaben und unterschiedliche Rollen. Vieles geschieht unbewusst und folgt unsichtbaren Gesetzen. Der Systemische Berater hilft, diese unsichtbaren Bindungen aufzudecken und den Boden zu bereiten für fruchtbare und fördernde Beziehungen.

Da Probleme grundsätzlich im Zusammenhang mit dem sozialen System zu lösen sind, ergeben sich für eine Lösung aus Systemischer Sicht folgende Ansatzpunkte:

  • Veränderung in Bezug auf die Personen,
  • Veränderung der subjektiven Deutungen,
  • Veränderung von Verhaltensregeln und der darauf basierenden gemeinsamen Deutungen,
  • Veränderung der Interaktionsstrukturen,
  • Veränderung der Systemumwelt,
  • Veränderung hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungsrichtung und /oder der Entwicklungsgeschwindigkeit

In der Ausbildung erhalten Sie professionelle Werkzeuge für die Systemische Beratung in der Einzel- und Gruppenarbeit. Das Spektrum der Gesamtausbildung umfasst die Beziehungen im

  • eigenen System (Körper, Psyche, Seele)
  • Familiensystem (Partner, Kinder, Eltern etc.)
  • Arbeitssystem (Beruf, Team, Klienten, Organisation, etc.)

II. Zielgruppe

Unser Angebot der berufsbegleitenden Zusatzausbildung zum Systemischen Berater / zur Systemischen Beraterin richtet sich an Fachleute aus dem psychosozialen oder therapeutischen Bereich,

zum Beispiel

  • Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen
  • Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen
  • Einzelfall- und Familienhelfer / Familienhelferinnen
  • Diplom-Psychologen / Psychologinnen
  • Diplom-Pädagogen / Pädagoginnen
  • Heilpädagogen und Heilpädagoginnen, Lehrer und Lehrerinnen
  • Erzieher und Erzieherinnen
  • Ergotherapeutinnen
  • Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen
  • Hebammen
  • Berater und Beraterinnen im sozialen Kontext

die Kompetenzen in der lösungsorientierten und ressourcenorientierten Gesprächsführung und Beratung erwerben bzw. vertiefen möchten und nach praxisnahen Methoden und Beratungskonzepten für die Arbeit mit Einzelnen, Familien und Gruppen suchen. Das Angebot richtet sich auch an Fachleute aus den Bereichen Personalmanagement und Organisationsentwicklung.

III. Ziele

Die Ausbildung zum Systemischen Berater / zur Systemischen Beraterin befähigt zur Anwendung systemischer, lösungsorientierter Gesprächsführung und Beratung und zum Transfer des Gelernten in die berufliche Praxis. Sie bietet zudem die Möglichkeit, Fähigkeiten und Erfahrungen mit anderen Fachleuten auszutauschen, voneinander zu lernen und neue Ansätze in das persönliche Handlungskonzept zu integrieren.

Die Systemische Beratung kann auf zahlreiche Techniken und Methoden zurückgreifen. Es geht dabei jedoch nicht allein darum, zur richtigen Zeit zum richtigen Werkzeug zu greifen. Systemische Techniken und Methoden sind keine statischen Mittel, die man gekonnt einsetzt. Jedes Werkzeug ist in jedem Fall "anders", seine Beschaffenheit wird mit seinem Gebrauch modelliert. Kurz: Die Systemische Beratung ist ein Kunsthandwerk, das nicht über Informationsvermittlung erlernt werden kann.

Das Lernen gestaltet sich über Forschen, Entdecken, Üben, Ausprobieren. In den Seminaren und Workshops werden zwar thematische Schwerpunkte "behandelt", aber sie machen nicht den eigentlichen Sinn des Lernens aus. Wir lernen nicht, wie man "richtig" coacht, berät oder therapiert, sondern wie wir eine gewinnbringende Beziehung zu unseren Coaches, Trainees, Klienten, usw. begünstigen. Wir lernen, mit den Ratsuchenden interaktiv Lösungen zu erfinden, die den Bedingungen der Menschen, die unsere Beratung in Anspruch nehmen, optimal entsprechen.

In der Praxis ist jedes Beratungsgespräch die Konstruktion eines noch nie dagewesenen Settings. Zwar gibt es spezifische Techniken und Methoden, aber mit denen allein lässt sich ein Beratungsprozess nicht gestalten. Die eigendliche "Kunst dieses Handwerks" liegt darin, "Fingerspitzengefühl" für die richtigen Fragen und Worte zur rechten Zeit zu entwickeln. Nicht die Techniken sind es in erster Linie, die systemisches Arbeiten in relativ kurzer Zeit zu guten Ergebnissen führen, sondern die Art und Weise des Zusammenarbeitens von Beratern und Kunden.

Erfolgreiche Lösungen sind das Ergebnis einer partnerschaftlichen Kommunikation. Gelingende Beratung setzt voraus, dass  Kunden als Partner gesehen und wertgeschätzt werden. Diese Grundhaltung orientiert sich am systemischen Menschenbild. Danach sind Menschen sich selbst organisierende, selbstbestimmte, autonome Systeme, die im Grunde über ein enormes Maß an Kompetenz verfügen.

Systemische Berater aktivieren diese Kompetenzen zusammen mit ihren Kunden. In unseren Weiterbildungen erarbeiten wir zusammen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Seminare Grundlagen in Kommunikation und Beratung. Dabei sind häufige Ursachen für Störungen der Kommunikation und mögliche Lösungen ebenso Thema wie nützliche Gesprächsstrukturen für typische Situationen. Rollenspiele, Aufstellungen, innovative Beratungssettings bieten den Teilnehmenden einen ungewöhnlichen Rahmen für neue Erfahrungen und Erkenntnisse. In jedem Seminar wird ein Thema "behandelt" (Systemische Techniken und Methoden,  Supervison, Coaching, Therapie, Paarberatung, Change-Management, Steuerung , Mediation,  Symbole / Metaphern, etc.)

Es geht um das Einüben von Beratung in verschiedenen Auftragsfeldern. In jedem Seminar erarbeiten Lehrende und Lernende in drei Tagen Ideen und Beratungs-Kompetenzen zu den spezifischen Themen.

Systemische Beratung - Basiskurs

Im Basiskurs liegt der Schwerpunkt darauf, die Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit der systemischen Sichtweise vertraut zu machen.

Hierzu gehören insbesondere:

  • theoretische Grundlagen der Systemischen Beratung (historische Grundlagen, Auswirkungen des Paradigmenwechsels, Lösungsorientierung und Ressourcenorientierung)
  • systemische Modelle für die Beschreibung und Erklärung von Verhalten (Kennzeichen und Eigenschaften eines Systems, Bedeutung von Wechselwirkungen, Wirklichkeitskonstruktionen)
  • Symptome aus systemischer Sicht (Abgrenzung zum medizinischen Krankheitsmodell, Bedeutung von Symptomen im Beziehungskontext)
  • Auftragsklärung und Contracting
  • systemische Gesprächsführung (Aufbau eines Beratungsgespräches, Hypothesenbildung, Fragetechniken)
  • beraterische Grundhaltungen (Allparteilichkeit, Ressourcenorientierung, Notwendigkeit und Grenzen der Verantwortungsübernahme, Helfersysteme und interinstitutionelle Kooperation)
  • Bedeutung und Auswirkung des Kontextes  (wie wirkt der Kontext auf Verhalten, in welchem institutionellen Kontext arbeitet der/die Berater/in, Rollenverständnis)

Die Vermittlung der genannten Inhalte wird mit Hilfe von praktischen Übungen und Rollenspielen sowie anhand von Fallbeispielen der Teilnehmer/innen ergänzt. Darüber hinaus beginnt im Basiskurs die Selbsterfahrung.

In intensiver Genogrammarbeit werden die Teilnehmer/innen dazu angeregt, über die Erforschung ihrer "Wurzeln" sich mit den Gefühlen, Rollen und Vermächtnissen ihrer Herkunftsfamilien auseinander zu setzen, um daraus neue Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten sowohl für die berufliche als auch für die private Lebenssituation zu entwickeln.

Nach erfolgreichem Abschluss des Basiskurses können sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen für den Aufbaukurs "Systemische Beratung" bewerben.
Ziel des Aufbaukurses ist es, die Teilnehmer/innen zu befähigen, in ihrem speziellen Arbeitskontext als Systemische Berater und Systemische Beraterinnen tätig sein zu können. Dazu werden die im Basiskurs erworbenen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten vertieft und erweitert, insbesondere durch:

  • Vermittlung von Interventionstechniken unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Arbeitsfeldes
  • Betrachtung spezieller Symptome (Verhaltensauffälligkeiten, psychosomatische Symptome, Suchtverhalten, psychiatrische Symptome)
  • vertiefte Übung von Beratungsgesprächen
  • Supervision der Beratungsprozesse der Teilnehmer/innen. Hierfür werden zusätzliche Termine vereinbart.

Darüber hinaus wird die im Basiskurs begonnene Selbsterfahrung in Form von Skulpturarbeit und Aufstellungsarbeit fortgesetzt. Unter Einbeziehung der Selbst- und Fremdwahrnehmung werden typische Rollen und deren Bedeutung für beraterisches Handeln ausgewertet.

IV. Ablauf und Umfang

Der Gesamtumfang der berufsbegleitenden Ausbildung BASISKURS beträgt 6 Wochenenden (Freitagmittag ab 16.00-21.00 Uhr, Samstag 10.00 – 17.00 Uhr, Sonntag 9.00 – 14.00 Uhr) a` 15 Stunden. Das Präsenzstudium umfasst also 90 Stunden.

Dazu kommt das Selbststudium. Das Selbststudium beinhaltet das Lesen von uns empfohlener Fachliteratur, sowie das Erstellen eines Vortrags zu einem der gelesenen Themen.

Die Ausbildung "Systemische Beraterin / Systemischer Berater" ist kein Fernstudium.

Der Gesamtumfang der berufsbegleitenden Ausbildung AUFBAUKURS beträgt ebenfalls 6 Wochenenden (Freitagmittag ab 16.00-21.00 Uhr, Samstag 10.00 – 17.00 Uhr, Sonntag 9.00 – 14.00 Uhr) a` 15 Stunden. Das Präsenzstudium umfasst also 90 Stunden.

Dazu kommt das Selbststudium. Das Selbststudium beinhaltet die Aufgabe, einen Beratungsprozessverlauf in seiner Gesamtheit mit den Zwischenschritten, den Reflexionen, Interventionen nachzuzeichnen und abschließend zu betrachten.

V. Kosten

Die Seminarkosten für den Basiskurs betragen 1 800 Euro plus MwSt.
Die Seminarkosten für den Aufbaukurs betragen ebenfalls 1 800 Euro plus MwSt.

Inhalte der Ausbildung im Einzelnen

BASISKURS

Berater für Systemische Lösungen und Familienaufstellung

  • verschiedene Ansätze: Konstruktivismus, Phänomenologie, Kurztherapie
  • unterschiedliche Klientensysteme
  • Genogrammarbeit, Fragetechniken
  • Refraiming
  • Interventionsformen, Lösungsorientierung
  • Dynamiken und Ordnungen im Familiensystem
  • Arbeit mit Gruppen und in Einzelsitzungen
  • Symptome, Gefühle und innere Bewegung
  • Übertragung und Gegenübertragung
  • Anamnesegespräch, Auftragsklärung
  • Grundlagen der Systemischen Aufstellungsarbeit (Familienaufstellungen)
  • der therapeutische/ beraterische Aufstellungsprozess
  • Aufstellungspraxis in Gruppen und Einzelarbeit
  • Umgang mit Stellvertretern
  • verschiedene Aufstellungsformen

AUFBAUKURS

Aufstellungsarbeit für Fortgeschrittene, Lösen mit Liebe

  • Vertiefung der Kenntnisse aus dem Basiskurs
  • Leitung von Aufstellungen durch Teilnehmer
  • kreative Techniken entwickeln
  • Umgang mit schwerem Schicksal und Systemtraumata
  • Strukturebenenwechsel, Wandlungsformen der Wahrnehmung
  • Dialogisches Prinzip in der Beratung, Haltung des Helfers
  • Bewegungen der Seele, Prozessverlauf und Intervention
  • Arbeit mit Paaren, Kindern und Familienangehörigen
  • Supervision für Teilnehmer

Systemische Techniken in der Einzelsitzung

  • Fragetechniken
  • Lösungorientierung und Integration der Lösung
  • Arbeit mit Paaren
  • Konflikte klären
  • Auswahl und Umgang mit Medien (Familienbrett, Bodenanker etc.)
  • NIG Neuro Imaginatives Gestalten
  • Aufstellungen im Einzelsetting

Das innere System, Integration von Ressourcen

  • Das innerpsychische System
  • Körper, Psyche, Seele
  • Parts Party, integrieren innerer Ressourcen
  • Lösungswege aus traumatischem Erleben
  • erweiterte Aufstellungsformen für spezifische Themen
    Entscheidungsfindung
    kollektive und individuelle Archetypen
    inneres Kind
    Körperorgane, Symptome, Krankheiten

Lösungen für das Berufsleben

  • Arbeitsbeziehungssysteme
    Organisationsaufstellungen für Unternehmen u. Führungskräfte
  • Einsatz von Aufstellungen im Coaching und beruflichen Fragen
    Organigramm
  • z.B. Klärung von Konflikten
    Umstrukturierung
    Kunden- Klientenbeziehung
    Zielfindung und Überprüfung, Timelines
    verschiedene Problemsituationen
    Mobbing
    Geld und Wert