Artikel in der Winterausgabe 2021 von Naturscheck - Das Magazin für ein neues, ökologisches Bewusstsein - zum Thema „Psychotherapie und Spiritualität“ oder anders ausgedrückt: „Liebe ist die materielle Struktur des Universums“
Vordergründig leben und arbeiten Erzieherinnen tagtäglich miteinander. Es spielen sich bestimmte Abläufe und Umgangsformen ein, hilfreiche und weniger hilfreiche. Manchmal herrscht auch Sprachlosigkeit und Handlungsunfähigkeit. Über die Abläufe, die für alle gut funktionieren wird selten gesprochen und auch selten reflektiert. Ich finde, gerade sie sollten jedoch unter die Lupe genommen werden. Denn dort wo es gut läuft, können wir viel darüber erfahren, wie wir uns unsere Arbeit und unsere Arbeitsabläufe einrichten müssen, damit es uns gut geht, damit sie Spaß machen und auch noch qualitativ hochwertig sein können.
Stellen Sie sich jetzt einen ganz normalen Tag im Alltag Ihrer Kita vor:
Maryna sitzt in der Ecke und weint. Sie wird von ihren Freundinnen beschimpft. Noch ist unklar, was der Auslöser dafür war. Sie wissen genau, das wird wieder Gespräche mit Marynas Mutter brauchen, damit diese sich wieder beruhigen kann. Ihre Kollegin Caroline kommt bei den Kindern einfach besser an, sie nimmt es aber auch mit den Regeln nicht so genau und hat deshalb bei den Kindern ein Stein im Brett. Sie sind eifersüchtig. Kollegin Magda, ist dieses Jahr schon zum fünften Mal krank und lässt sie im Stich, so ganz allmählich können sie das nicht mehr neutral sehen und nehmen es persönlich. Im Team gibt es in der letzten Zeit immer wieder eine Grundstimmung, die nicht gerade Arbeitsfreude auslöst. Obwohl Sie deutlich formuliert haben, dass Sie nicht in die Igelgruppe wollen, wird genau das von Ihnen verlangt. Es scheint niemanden anderen dafür zu geben. Auf keinen Fall wollten Sie für Leon die Bezugsbetreuerin sein, jetzt fällt doch ausgerechnet Ihnen die Aufgabe zu. Mit Kollegin Maike gibt es in der letzten Zeit ständig Missverständnisse und kleinere Querelen, Sie fühlen sich offensichtlich beide vom Anderen nicht mehr verstanden.
Es kommt also alltäglich zu Konflikten aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse, Interessen, Haltungen oder Motivationen.
Hier einige auf den Kern reduzierte Beispiele: Jemand verweigert Mitarbeit oder Unterstützung. Die Anweisungen der Leitung werden als nicht zumutbar erlebt. Die wirtschaftlichen Bedingungen der Einrichtung, aber auch Qualitätssicherungssysteme haben die Arbeitsbedingungen stark verändert. Davon fühlen sich einzelne Mitarbeiterinnen belastet, von Anderen werden diese Veränderungen durchaus begrüßt. Aber auch: Jemand kann sich kein Gehör verschaffen, fühlt sich klein und erniedrigt, weil er ständig unterbrochen wird. Eine der Kolleginnen hat private Probleme, die in die Arbeit hineinschwappen. Mehrere Kolleginnen bewerben sich auf die frei gewordene Leitungsstelle, wobei die jeweils anderen als weniger qualifiziert eingeschätzt werden.
Meinungsbildung findet im Alltag zu verschiedenen Anlässen statt:
bei Handlungsbedarf, bei Problemkonstellationen, für die es noch keine Haltung gibt, in Gefährdungssituationen, in der Diskussion unterschiedlicher Handlungsalternativen,
bei Auseinandersetzungen zu inhaltlichen Fragestellungen, bei Planungsprozessen, bei Neuorientierung im Zusammenhang mit Wertebildungsprozessen. Dabei sollte frau wissen: Meinungen bilden nicht nur Sachinhalte ab, sondern sind in der Regel auch emotional gefärbt. Diese Vermischung macht es oft schwer, sach- und zielorientiert zu diskutieren und zu entscheiden.
Lassen Sie uns vergegenwärtigen, dass Konflikte zunächst nichts Schlimmes sind. Sie laden uns ein, aufmerksam zu werden, genauer hinzuschauen und die Chance zur Veränderung und Weiterentwicklung zu nutzen. Denn:
Meist kreieren sich um ein Problem verschiedene Sichtweisen. Deshalb lohnt es sich immer folgenden Fragen nachzugehen:
Wer ist an dem Problem beteiligt?
Wer leidet an dem Problem?
Wer kann und will zur Lösung des Problems beitragen?
Wer hat etwas davon, dass es dieses Problem gibt?
Was bewirkt das Problem im Team?
Wie kann aus dem Problem eine zu bewältigende Aufgabe werden?
Konfliktverläufe
Schalten Sie auf Zeitlupe und nehmen Sie sich ein Vergrößerungsglas zur Hand, wenn sie aus einem sich wiederholenden Konfliktverlauf ausbrechen wollen. Versuchen Sie, den Konflikt zu beobachten: Was war direkt vorher? Schauen Sie auf die Eigenschaften der Streitpartner/Beziehung der Streitpartner. Wie beginnt der Streit? Worum geht’s es? Wie zeigt sich das im Verlauf des Streites? Wer schaut dem Streit zu? Wer greift ein? Wie endet der Streit? Was geschieht dann? Wie fühlen sich die Streitparteien danach?
Einen Konflikt beobachten
Unsere Erfahrung in der Arbeit mit Teams zeigt uns immer wieder, dass notwendige Klärungsprozesse emotional „verklumpen“, d.h. uns persönlich so ergreifen, dass wir nicht mehr differenziert fühlen und denken können, sondern uns von einer mächtigen Gesamtbetroffenheit überfahren oder gefangen genommen fühlen, die uns handlungs- und gestaltungsunfähig machen kann. Es braucht dann einen geschützten Raum, in dem persönliche Betroffenheit und unterschiedliche Sichtweisen nicht nur erlaubt sind, sondern vertrauensvoll eigeladen werden, sich zu zeigen. Das geht nur ohne Druck und mit mindestens vorläufig zurückgenommenen Erwartungen an die Anderen. In einem solchen Raum kann ein Team sich gegenseitig darin unterstützen, das individuelle Spürbewusstsein in bzw. zu einer Sache zu verfeinern und auszudifferenzieren. Je feiner wir in unserer Wahrnehmung Prozesse und Konflikte erfassen, desto eher gewinnen wir unsere Gestaltungsfähigkeit zurück und es eröffnen sich neue Bedeutungsgebungen und Strukturen, die sich als Lösung anbieten und gemeinschaftlich getragen sind. Bei weitreichenden Entscheidungen ist es wichtig, den Entscheidungsraum so großräumig anzulegen, dass das Team und der Träger genügend Zeit und ausreichend viele Optionen haben, um zu tragfähigen Ergebnissen zu kommen. Die Unterschiedlichkeiten im Wesen, in den Handlungsmustern, in der Art, Welt wahrzunehmen oder in den vorhandenen Handlungs- und Reaktionsmustern berühren sich entweder konfliktträchtig oder befruchtend. Bewusstsein über diese mitgebrachten Schätze und Zumutungen zu haben, hilft, diese Unterschiedlichkeiten als Ressourcen zu nutzen. Deshalb ist es immer sinnvoll das Teamgeschehen, die Teamprozesse, die sich entwickelnden Rollen und die subjektiven Befindlichkeiten einzelner Mitarbeiterinnen für sich zu reflektieren. Im Folgenden habe ich Ihnen einige fokussierende Hilfsfragen bzw. -überlegungen dafür exemplarisch zusammengestellt.
Beispiele für Beobachtungen in der Gruppe:
Es gab viel Wärme und Freundlichkeit. Es gab viel destruktiv-aggressives Verhalten. Die Teammitglieder waren uninteressiert und nicht beteiligt. Einzelne Teammitglieder versuchten zu dominieren und die Leitung zu übernehmen. Wir verstanden uns ausgezeichnet. Wir hatten Hilfe nötig. Ein großer Teil unserer Unterhaltungen war irrelevant. Wir waren vollkommen aufgabenorientiert. Die Teammitglieder waren sehr höflich untereinander. Es gab viel grundlegenden Ärger. Wir arbeiteten an unseren Verfahrensfragen. Wir diskutierten sachliche Differenzen.
Beispiele für Selbstbeobachtungen:
Zu einigen war ich freundlich und herzlich. Ich habe mich kaum beteiligt. Ich habe mich auf die Arbeit konzentriert. Ich habe immer wieder die gleiche Kollegin unter Beschuss genommen, habe versucht sie lächerlich zu machen und ihren Worten Bedeutung zu nehmen. Ich wurde von vielen angegriffen. Ich übernahm immer wieder die Führung.
Beispiele für Lebenshaltungen, die uns möglicherweise geprägt haben oder immer noch prägen, hier in Sprichwörtern ausgedrückt:
Ich lebe nicht, um zu arbeiten, sondern ich arbeite, um zu leben! Arbeit adelt, ich bleibe bürgerlich! Müßiggang zur rechten Zeit, vermeidet oftmals Zank und Streit! Abwarten und Tee trinken. Blinder Eifer schadet nur! Edel sei der Mensch hilfreich und gut! Kleider machen Leute! Wie man's macht, macht man's falsch! Ohne Fleiß kein Preis! Von nichts kommt nichts! Müßiggang ist aller Laster Anfang! Glück hat auf die Dauer nur der Tüchtige! Des Lebens Kampf ist des Lebens Elixier! Arbeit macht das Leben süß! Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Als weitere kleine Einladung zur Selbstreflexion möchten ich Ihnen einige Fragen zur Selbstklärung anbieten. Sie stärken den Blick auf sich selbst und die eigene Rolle und führen im besten Falle in einen inneren Raum des Innehaltens und des Zu-Sich- Selbst-Kommens. Nehmen Sie sich richtig viel Zeit dafür, schaffen Sie den inneren Raum um die Fragen auf sich wirken zu lassen und kehren Sie zu Fragen, zu denen Ihnen nichts einfällt, immer mal wieder zurück.
Meine Impulsfragen:
Was macht mir Freude bei der Arbeit? Was macht mich zufrieden bei der Arbeit? Wann bin ich ausgeglichen in der Arbeit? Was empfinde ich als besonders sinnvoll in meiner Arbeit? Was belastet mich? Worunter leide ich? Was lässt mich ruhig und entspannt sein? Was lähmt mich bei der Arbeit oder in den Arbeitsbeziehungen? Was hemmt mich so zu sein, wie ich bin? Was ist es, was mich an meiner Entwicklung hindert? Was macht mich wütend? Was nervt mich regelmäßig? Womit komme ich überhaupt nicht zurecht? Wodurch fühle ich mich überfordert? Will ich grundsätzlich lieber meine Ruhe haben? Bin ich kritisch und wachsam - und wenn ja, in welchen Situationen und bei welchen Themen? Gebe ich mich mit den vorhandenen Gegebenheiten zufrieden oder ist das nur in bestimmten Situationen und Zusammenhängen der Fall und wenn ja, in welchen? Wann bin ich aktiv und neugierig, gibt es Situationen, in denen mir eine abwartende passive Haltung lieber ist? Lasse ich mich wirklich mit meinen Gefühlen und Gedanken, mit meiner ganzen Person auf die Arbeit ein oder lasse ich Bereiche von mir außen vor und warum? Bestimmen persönliche Befindlichkeiten meine Arbeit? Gibt es Situationen, auf die ich mich nur halbherzig einlasse? Beziehe ich wirklich Stellung, habe ich klare Standpunkte und kann ich diese fachlich begründen? Was bringt mich am schnellsten aus der Fassung? Was ärgert mich an mir selbst am meisten? In welcher Situation habe ich zuletzt im beruflichen Zusammenhang gelogen? Welche Ziele strebe ich in meinem Beruf an? Welche Ziele strebe ich in meinem Privatleben an? Wo liegen meine besonderen Fähigkeiten? Bin ich fähig, meine Gefühle anderen gegenüber offen zu äußern? Welche Gefühle kann ich bei mir am Schwersten beherrschen? Habe ich Minderwertigkeitsgefühle gegenüber meinen Kolleginnen? Was ärgert mich bei meinen Kolleginnen am meisten? Was denke ich über Kollegin X? Rede ich über andere Kolleginnen Dinge hinter ihrem Rücken, die ich mit ihnen nicht besprochen habe?
Wie kann die Kommunikation, wie können die Beziehungen im Team, zwischen Personen oder zwischen Gruppen verbessert oder gefördert werden? Teamentwicklungsprozesse können das Arbeitsvermögen einer Gruppe verbessern. Hierfür ist es immer wieder auch hilfreich, sich Referentinnen von außen zu holen. Dabei sind die Gründe für Teamentwicklungsmaßnahmen so vielfältig wie die Methoden zu deren Umsetzung. Je nach Aufgabenstellung bieten sich unterschiedliche Inhalte, Konzepte und Schwerpunkte bei der Durchführung an. Aus diesem Grund ist es wichtig, die zu behandelnden Themen genau auf die Gruppe der Teilnehmerinnen und ihre Situation und Bedarfe hin abzustimmen. Ganz gleich jedoch, wie die konkrete Umsetzung einer Teamentwicklungsmaßnahme aussieht, stehen zwei Ziele immer im Vordergrund:
Die Effizienz und Effektivität, die qualitative Verdichtung der internen und externen Kommunikation des Teams soll gesteigert werden. Konflikte und Reibungen innerhalb der Gruppe sollen verringert werden und die kreative und innovative Zusammenarbeit soll verbessert werden. Die Leistungen des Teams und damit die kommunikative Qualität der Einrichtung sollen sich letztendlich erhöhen. Die einzelnen Teammitglieder sind im besten Fall mit ihrer Rolle und Aufgabe im Team am Ende eines solchen Entwicklungsprozesses zufriedener und ziehen für sich stärkere Motivation aus ihren Aufgaben im Team.
15. Februar 2021 / Joachim Armbrust / Kita-Leitung
Im Alltag einer Kita gibt es jeden Tag aus dem Augenblick heraus vielerlei Entscheidungen zu treffen und in direktes Handeln zu übersetzen. Der Schlüssel zu den Entscheidungen, die eine Erzieherin trifft, liegt in ihrem Selbstverständnis. Das gründet darauf, wie sie sich selbst sieht, wie sie sich versteht, wer sie glaubt zu sein und wie sie von sich selbst denkt. Ihre Identität und ihre Werte sind ihr grundlegende Motivation für ihr Handeln. Gleichzeitig bewegt sich die Erzieherin in einem Feld von Kolleginnen, die ebenfalls ihre Schlüsse ziehen. Voraussetzung für ein gutes Miteinander ist hier die Bereitschaft, sich von den Haltungen der Kollegin/der Kolleginnen erreichen und berühren zu lassen. Nur in der gegenseitigen Bereitschaft, sich im Miteinander verwandeln zu lassen, können Konflikte immer wieder bewältigt und gemanagt werden. Das wiederum ist für das Team einer Kita sehr wichtig. Schließlich bewegen sich Erzieherinnen jeden Tag in unterschiedlichsten Erprobungsfeldern, in denen es darum geht, aus auftauchenden Problemen Aufgaben zu machen, die zu bewältigen sind. Das Hauptbelastungsfeld von Erzieherinnen liegt aber vor allen Dingen in der Art, wie eine Erzieherin von ihrer Umgebung gebraucht und gefordert wird. Denn die Erzieherin verkörpert und schafft in der Art, wie sie als Person auftritt, den Rahmen der Kindertageseinrichtung, in der sie tätig ist: Begegnet sie den Menschen offen, interessiert, nimmt sie sich Zeit für wichtige Gespräche, ist sie in der Wahrnehmung für die einzelnen Kinder, dann wirkt sich das auf die Gesamtatmosphäre aus. Ob sie ruhig wirkt oder gehetzt, keine Linie hat oder bei allem, was sie tut, für sich einen roten Faden verfolgt, spielt eine entscheidende Rolle. Sie ist eine öffentliche Person. Sie steht mit ihrer Person für Werte, Haltungen, für Umgangsformen und auch für die Art und Weise, wie mit Konflikten, offenen Themen oder sich widerstreitenden Interessen umgegangen wird. Sie ist ein Handlungsvorbild für alle. Sie schafft durch Ihre Person und das an sie gekoppelte Handeln Glaubwürdigkeit und Vertrauen oder eben auch nicht. Es gibt unzählige Spannungsfelder, die die Erzieherin in ihrer Person austragen und zusammenführen muss und für die sie mit ihrer Person als Aushandelspartner zur Verfügung stehen sollte. Damit ist die Erzieherin auf ganz unterschiedlichen Ebenen gefordert: Sie muss die unterschiedlichen Erwartungen, die die Kinder an sie haben, unter einen Hut bringen und auch Erwartungen enttäuschen. Sie sollte sich mit dem Kind identifizieren können und dann doch auch wieder inneren und äußeren Abstand zum Kind nehmen können. Gleichzeitig sind die Erwartungen und Vorstellungen der Eltern auf sie gerichtet, die nicht immer mit ihren Konzepten und Vorstellungen vereinbar sind. Es beginnt ein Aushandlungsprozess um das, was das Beste für das Kind ist. Weiterhin muss sie sich auch stellvertretend für den Träger als Person der Diskussion über die übergeordneten Rahmenbedingungen stellen, zwischen den Interessen der Eltern und des Trägers und denen der Kinder und der Erzieherinnen vermitteln. Die Erzieherin ist also aufgefordert sich auf den unterschiedlichsten Ebenen als gestaltende Akteurin zu platzieren, Impulse zu geben, Reflexionen zu initiieren, zu vermitteln, abzuwägen, zusammenzuführen, zu deeskalieren, aber auch einmal zuzuspitzen usw. Das geht nicht, ohne selbst Plätze zu haben, an denen frau sich über diese Geschehnisse austauschen kann, wo frau Rückhalt erfährt und mit den konflikthaft angestoßenen Themen wieder zu sich kommt und eine Haltung dazu gewinnen kann. Deshalb ist ein tragfähiges und transparentes Team so wichtig in diesem Arbeitsfeld. Die Entwicklung jeder Erzieherin ereignet sich also gerade im Spannungsfeld von solchen erlebten Grenzen und Möglichkeitsräumen, wie ich sie eben aufgeführt habe. Aus dem uns allen zur Verfügung stehenden Wissen um diese grundlegend dialektischen Gesetzmäßigkeiten alles Lebendigen und den sich daraus ableitenden hilfreichen Grundhaltungen ergibt sich aus meiner Sicht eine Basis für Zukunftsoptimismus, für Hoffnung und Vorfreude. Wir können jeden Tag, ja jede Stunde neu anfangen. Auch wenn wir vielleicht einmal das Gefühl haben, zurückzufallen oder auf der Stelle zu treten, wir wissen alle, auf einen Schritt zurück folgen wieder zwei Schritte vorwärts und umgekehrt - und am Ende bleibt in der Regel Entwicklung übrig.
„Es ändert sich. Es ändert sich ganz allmählich. ↔ „Wir wollen unsere Ruhe haben!“ Es ändert sich allmählich ganz.“
Das Zusammenspiel von unabdingbar not-wendiger Veränderung und dem Wunsch nach Verweilen schafft immer wieder Spannungsbögen und daraus wiederum entwickeln sich immer wieder kreative Ideenschübe und Umsetzungsräume. Das Team erlebt, wenn es gut läuft, nach turbulenten Zeiten der Meinungsverschiedenheiten und der Dissonanz (z.B. durch widerstreitende Rollenaufteilungen im Team, die sich ergeben und auch für die Zielfindung notwendig sind): „Wir finden wieder zusammen.“ In diesem Sinne liegt jedweder Form von Kommunikation und Begegnung das prozesshaft Dialogische zugrunde, weil es ein sich ausdifferenzierendes Miteinander und Wachstum schafft. Ein Prozess, der Freude ausstrahlt, wenn er denn gelingt. Gelingen kann der Prozess allerdings wirklich nur dann, wenn wir die Auseinandersetzungsspannung, die sich aufbaut und den Konflikt, der dadurch entsteht, als Aufgabe annehmen und auch in seiner Spannung – und damit in seiner Aufforderung, ihn zu (er-)lösen oder zu verwandeln, - halten können. Was aber kann uns dabei helfen solcherart Spannungs- und Konfliktbögen zu bestehen und auf eine höhere Bewältigungsebene zu führen? Ich möchte dazu im Anschluss einfach noch einmal einiges, vielleicht auch schon bekanntes über Kommunikation und Interaktion zusammenfassen: Interaktion als wechselseitiges „aufeinander-einwirken“ von Menschen ist nicht nur Ausdruck menschlichen Zusammenlebens, sondern eine der elementarsten Voraussetzungen und Vorbedingungen des menschlichen Seins. Ohne Interaktion kann sich der Mensch weder seiner selbst bewusst werden, noch überhaupt existieren. In diesem Sinne ist Interaktion ein dauerhafter und dynamischer Prozess, der im Zusammenhang mit menschlichen Erziehungs- und Kommunikationsprozes- sen unbedingt zu reflektieren ist. Es gibt keinen Moment in dem Menschen ihre Umwelt nicht beeinflussen oder durch sie beeinflusst werden. Dabei ist es aus sozial- und erziehungsethischer Sicht wichtig, sich bewusst zu machen, aus welcher Grundmotivation bzw. – einstellung heraus und in welcher Weise die einzelne Erzieherin diesen ständigen Prozess der Wechselwirkung bzw. Interaktion mitgestaltet: „Was bewegt die Kinder? Und was bewegt mich oder die Kolleginnen?“ Jede einzelne Erzieherin hat ihren „Wesenston“. Deshalb lohnt es sich, sich gegenseitig im Team zu unterstützen. So kann der Wesenston jedes Teammitglieds seinen vollen Klang entfalten. Denn nur Töne, die sich in ihrer Fülle ausbreiten dürfen, können mit anderen Tönen zusammen schwingen und das bilden, was wir einen Klangteppich nennen. Und allem Teamklang wohnt ein Zauber inne,…. Klang öffnet einen großen Raum, in dem alle Menschen sich bewegen, in dem sie frei und tief verbunden sind. Klang ist der Ursprung aller Sprachen und der Musik, die uns alle eint. Durch den Klang erfahren wir Resonanz und im Tönen erfahren wir Verbindung und Zusammengehörigkeit. Wir schwingen uns aufeinander ein und bilden eine Art Klanggroßkörper. Klang ist der größte Geist hinter den Dingen. Teamgeist und „Teamspirit“ haben etwas mit Klang und gelebter Spiritualität (rückbindender Wertehaltung und Achtung vor allem Lebendigen) zu tun. Ein Konflikt beinhaltet immer den Aufruf, ihn zu klären und zu lösen. Je authentischer wir mit unserem Teil im Konflikt mitschwingen und uns mit unserer Seite transparent machen und gleichzeitig auch die anderen klingen lassen, desto erfolgsversprechender ist das Unterfangen. Klappt dieses, können Sie mit sich selbst und anderen wieder in größere Harmonie kommen, meist verbunden mit einem Zuwachs an neuem Entwicklungsraum. Dabei kann es sich um innere Konflikte handeln, die sich in Ihnen aufbauen, oder aber auch um Konflikte, die Sie mit anderen Personen oder Situationen haben. Kommen Sie für sich bzgl. des Konfliktes in einen Klärungs- und Verwandlungs- prozess, der Sie weiterführt und den Konflikt in seiner Breite und Tiefe auslotet, versetzen Sie sich damit auch in die Lage, bei Bedarf Ihre Position in aller Klarheit und Bestimmtheit nach außen hin vertreten zu können. Das Leben ist in einem ständigen Wandlungs- und Veränderungsprozess. Wir wollen das aber oft nicht wahrhaben und lieber das Alte, schon Bekannte und Vertraute, ohne Öffnung für Neues festhalten, weil wir uns damit bereits auskennen, anstatt das Neue zuzulassen, das ja im Übrigen nicht alles „Alte“ und Vertraute wegspülen will. Doch selbst wenn uns das Festhalten am Alten leidend macht und sehr unangenehm auf uns einwirkt, neigen wir noch dazu, den Fluss des Lebens aufhalten zu wollen. Nun stößt ja in unserem Alltag – im Privatleben, wie auch im Arbeitsleben. - nicht nur Altes auf Neues aufeinander, sondern es prallen häufig Tag für Tag verschiedene Meinungen, Wertungen, Umgangsformen, unterschiedliche Handlungsabsichten, Haltungen, Vorstellungen und Bedürfnisse aufeinander, innerhalb eines Menschen, der Familie, des Teams, der Kita, wie überhaupt innerhalb jeder kleineren oder größeren Gemeinschaft. Diese Zusammenstöße (confligere, lat. zusammenstoßen) sind aus der Tiefe her gesehen die Prozessförderer für Weiterentwicklung, für Heilung und Versöhnung. Konflikte ermöglichen es uns, Widersprüche und Unterschiedlichkeiten, alt und neu gegeneinander aufzustellen, zu betrachten, zu erfühlen, wert zu schätzen, liebevoll anzunehmen, weiter zu entwickeln und aus ihnen heraus neue Lösungen, neue Denkarchitekturen, neue Bedeutungszusammenhänge, neue Haltungen zu entdecken. Wir lernen in diesem Prozess den Konflikten den ihnen gemäßen Raum zuzuweisen. Konflikte machen uns wach, sofern wir uns wachrütteln lassen. Sie erinnern uns daran, oft mit großer Wirkmächtigkeit, dass da in uns selbst ein Entwicklungsfeld ist, ein Bedarf, den momentanen Zustand zu überwachsen und dadurch zu heilen. Konflikte gehören also zum Leben. Da das Leben unendlich vielfältig ist, sind auch die Konflikte - als Bestandteile individueller und sozialer Entwicklungen - einzigartig, vielförmig und komplex. Konflikte entstehen und verlaufen nicht nach „Schema F“, also können sie auch nicht nach einem „Standard“ geklärt und gelöst werden. Dennoch gibt es besondere Muster und Merkmale, die charakteristisch sind für konflikthafte Prozesse. Meist beginnt das Wahrnehmen von Spannungen und Konflikten durch ein „Bauchgefühl“ oder durch inneres Unbehagen und Irritationen. Vergegenwärtigen Sie sich einmal für einen kurzen Moment Ihre berufliche Situation. Können Sie sich an Arbeitssituationen erinnern, die sie als belastend und beklemmend erlebt haben? Oder befinden Sie sich ganz aktuell in einer noch nicht durchschaubaren, aber spürbar schwierigen Lage? Denkbare, noch unklare Beobachtungen und Empfindungen könnten sich Ihnen möglicherweise folgendermaßen darstellen:
„Ich fühle mich wesentlich entspannter, wenn Kollegin Maike in Urlaub ist.“ „Wie gerne bin ich doch früher in die Kita gegangen, in letzter Zeit muss ich mich richtig hinschleppen.“ „Wenn ich sehe, wie leicht und verbunden sich die Kinder von Anna führen lassen, dann fühle ich mich richtig unbeholfen und ungeschickt.“ „Einige Teammitglieder kommen in letzter Zeit häufiger zu spät oder gar nicht oder geben vor, früher gehen zu müssen.“ „In letzter Zeit herrscht in den Teambesprechungen oft so eine angespannte Atmosphäre, oder habe ich das früher nur nicht wahrgenommen?“ „Kommt mir das nur so vor oder hat Kollegin Samantha an meinen Beiträgen immer etwas auszusetzen?“ „Mit welcher guten Klarheit Bettina den Eltern auch Grenzen aufzeigen kann, ohne den Kontakt zu verlieren, das beeindruckt mich.“ „Ich fühle mich schrecklich, wenn Kollegin Franzi Kollegin Stefanie in meinem Beisein schneidet und ignoriert.“ „Bilde ich mir das ein oder nimmt die Heftigkeit, mit der Argumente zwischen uns im Team ausgetauscht werden, zu? Ich habe das Gefühl, die Bereitschaft aufeinander zuzugehen nimmt ab.“ „In letzter Zeit fühle ich mich so gestresst, als ob mir die ganzen kollegialen Auseinandersetzungen plötzlich zu viel wären.“ „Wenn ich meine Chefin nach der Umwandlung meines befristeten Arbeitsvertrages in eine Festanstellung frage, reagiert sie so komisch und abweisend.“
Was spielt sich hier ab? Wie können Sie hier weiterkommen? Wie können wir unsere Wahrnehmung für solche Ereignisse und auftauchenden Befindlichkeiten schulen und nutzen? Alle beispielhaft dargestellten subjektiven Befindlichkeitsbeschreibungen entspringen Kommunikationssituationen. Kommunikation ist der Austausch bzw. die Übertragung von Informationen / Botschaften. Dieses gegenseitige Geben und Nehmen geschieht auf unterschiedlichen Ebenen. Es wird eben nicht nur mit Worten kommuniziert, sondern oftmals auch nonverbal. Wir kommunizieren mit unserer Körpersprache: In welcher Köperhaltung befinden wir uns? Sind wir angespannt oder entspannt? Welche Gestik steht im Vordergrund? Welchem Stil folgen unsere Bewegungen (fahrig, ruhig, ziellos,…..) . Was sagt unsere Mimik: Gesichtsbewegung, Augenbrauen, Mundhaltung, Augenkontakt: Wie lange? Sind die Augen dabei geöffnet? Usw. Natürlich sind wir auch der Objektsprache mächtig: Über unsere Kleidung, sichtbar am Körper getragene Statussymbole (Ringe, Ketten, Uhr), Büroeinrichtung, Auto verschicken wir ebenfalls Botschaften der Selbstkundgabe (Schulz von Thun). Ebenso bedienen wir uns der Raumsprache. Wie nah lassen wir jemanden an uns heran? Wie oft gehen wir in den Angriffsschutz? Wo beginnt und endet für uns die persönliche, soziale, öffentliche Zone? Wie breit muss unser Schreibtisch sein, damit wir uns wohl fühlen? Wie viel Nähe können wir genießen, wie viel Distanz müssen wir schaffen? Auch durch die Gestaltung des Raumes können Botschaften vermittelt werden: „Hier ist immer genügend Platz.“ „Du kommst mir zu nahe, ich ziehe mich zurück.“ „Ich wünsche mir mehr Nähe.“ (Kuschelecke) Sie spüren es bereits: Die Kommunikation auf diesen Ebenen ist alles andere als eindeutig. Doch auch die Sprache als Übermittler kann ganz unterschiedlich wirken. Das gesprochene Wort wird in seiner Wirkung beeinflusst von: Lautstärke, Deutlichkeit, Geschwindigkeit, Tonfall, Melodie, Rhythmus, Pausen. Eine wissenschaftliche Studie wollte herausfinden durch welche Faktoren die Glaubwürdigkeit eines Redners bestimmt wird. Das Ergebnis: Zu 7% waren das Worte, zu 35% Ton und Klang der Stimme und zu 58 % Nonverbales. Kommunikationsstörungen können also unmöglich nur über Sprache gelöst werden. Fazit: Es ist nicht möglich nicht zu kommunizieren. Wir wirken immer auf andere. Jedes Verhalten hat also Mitteilungscharakter.
Nach dem Kommunikationsforscher Friedemann Schulz von Thun hat jede Mitteilung, den meisten von uns vermutlich bekannt, vier Aspekte:
1. Der Sachinhalt - Worüber ich informiere
Eine Nachricht enthält zunächst eine Sachinformation. Manche Menschen gehen davon aus, dass Kommunikation ausschließlich sachlich geführt werden kann und wundern sich, wenn das nicht funktioniert. Stets werden mit den Sachinhalten auch andere Qualitäten transportiert.
2. Die Selbstkundgabe – Was ich über mich selbst sage
Die Nachricht enthält auch Informationen über die Person des Senders, z.B. was er von sich hält, welche Fähigkeiten er zu haben glaubt, welche Dinge er wichtig findet, in welcher Verfassung er ist usw.
3. Die Beziehung – Was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe
Aus der Nachricht geht auch hervor, wie der Sender zum Empfänger steht und was er von ihm hält. Dies zeigt sich z.B.: in der gewählten Formulierung, im Tonfall, in der Körperhaltung und anderen nonverbalen Begleitsignalen. Für diesen Aspekt der Nachricht hat der Empfänger ein besonders empfindsames Ohr, denn hier fühlt er sich als Person in einer bestimmten Weise behandelt.
4. Der Appell – Wozu ich dich veranlassen möchte
Fast alle Nachrichten haben die Funktion auf den Empfänger „Einfluss zu nehmen“.
Sie dienen also auch dazu, den Empfänger zu veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen, zu denken oder zu fühlen. Der Sender will mit seiner Nachricht etwas bewirken! Das kann ganz offen oder auch versteckt geschehen. Es grenzt also an ein Wunder, dass wir uns trotz dessen, dass Kommunikation so komplex und manchmal auch kompliziert sein kann, doch immer wieder verstehen und verständigen können. Ich habe einmal im Kino einen norwegischen Film mit dem Titel „Babettes Fiest“ angeschaut. Ungefähr 20 Menschen kamen zu einem Fest zusammen. Sie kamen voller Vorfreude auf die vielen Begegnungen und in der festen Vorstellung, dass das ein schöner Abend wird. Obwohl wir Zuschauer miterlebten, wie oft und wie nachhaltig die Menschen aneinander vorbei redeten, präsentierte sich die Szene für die Beteiligten subjektiv ganz anders. Sie fühlten sich verstanden, lachten miteinander, fühlten sich aufgehoben und zugehörig. Sie wollten einfach einen schönen Abend haben. Wenn Konfliktwolken den Himmel verhängen, hat es also offensichtlich nicht nur damit zu tun, dass wir uns nicht verständigen konnten. In der Kita kommen Sie ja nicht nur zwecklos zusammen, sondern verfolgen auch Ziele und haben einen Auftrag. Sie sollen einen Rahmen schaffen, der dem Wohl des Kindes dient und der das Kind darin unterstützt, dass es sich bilden und entwickeln kann. Sie dürfen und müssen also Verabredungen und Absprachen treffen und diese dann auch umsetzen. Dabei sind Sie sicher auch schon auf nachfolgend aufgelistete Hürden der Kommunikation gestoßen:
Gedacht ist noch nicht bewusst gedacht. Bewusst gedacht ist noch nicht gesagt. Gesagt ist noch nicht gehört. Gehört ist noch nicht verstanden. Verstanden ist noch nicht einverstanden. Einverstanden ist noch nicht durchgeführt. Durchgeführt ist noch nicht erfolgreich durchgeführt. Einmal erfolgreich durchgeführt ist noch nicht auf Dauer erfolgreich eingeführt…
Bleiben Sie trotzdem dran, geben Sie nicht auf! Denn Stagnation schadet unser aller Entwicklung und weggesperrte, verdeckte Konflikte kosten viel Kraft. Sie binden Energien, führen zu Kränkungen, lassen uns erstarren, vergiften die Atmosphäre, können im schlimmsten Fall Zusammengehörigkeit und gemeinsame Identität als gemeinsame Grundlage des Alltagshandeln zerstören, verhindern das Verflüssigen von Schwierigkeiten, die entstehen, halten an einem einmal geschaffenen Status quo fest und verhindern Zukunftsgestaltung und damit Veränderungen. Im Gegensatz dazu ermöglichen offene Konflikte uns doch einiges. Sie verhindern Stagnation und Langeweile. Sie wecken, Interesse, Spannung und Neugier. Sie sind Chance zur Veränderung der Persönlichkeit, der Beziehungen der am Konflikt Beteiligten, sowie der Werte und Normen insgesamt. Sie sind Medium für das Aufzeigen eines Problems und seiner Lösung. Sie führen zu Selbstvertrauen und zur Klärung der eigenen Persönlichkeit. Sie festigen die eigene Identität. Sie führen zur Klärung der unterschiedlichen Positionen in der Beziehung, in der Familie, im Team, in der Kita. Sie sind eine Herausforderung für alle und sie schweißen zusammen, wenn sie bestanden werden. Sie helfen Bedingungen und Zusammenspiel zu verbessern. Sie führen zu gemeinsamen Lösungen, verbinden die beteiligten Menschen und erzeugen Energie, Tatkraft und ein positives Grundgefühl. Offene Konflikte machen aus energiefressenden Problemen gestaltbare Aufgaben. Ich wünsche Ihnen viel sinnerfüllende Freude bei der Verwandlung! Dabei gilt es für die eigene Entlastung auch zu bedenken, dass das Erkennen der tatsächlichen Konfliktwurzeln nicht immer einfach ist. So stand gesellschaftlich zum Beispiel in den letzten Jahren das Motto „Kita-Plätze für alle“ politisch im Vordergrund. Fast nie wurden im öffentlichen Raum die entstehenden Situationen (z.B. Kinder ab ½ Jahr aufnehmen) und die Bedingungen, die sich daraus ergaben, beleuchtet. Außerdem wurde die Kita-Einrichtung plötzlich vor allen Dingen als Bildungsinstitution verstanden, die ihre Erfolge auch differenziert und wissenschaftlich dokumentieren muss. Kinder als Humankapital, Eltern als Wertschöpfer, denen es gilt, den Rücken frei zu halten, was hat das alles aber mit den Bedürfnissen der Kinder zu tun? Die Inklusion als weiterer Anspruch ist begrüßenswert, doch wird auch mitgedacht, wieviel mehr an Auseinandersetzung und Austausch dadurch notwendig wird? Werden diese Ressourcen auch zur Verfügung gestellt? Welche altersgerechten Erprobungsräume brauchen Kinder tatsächlich, wie können wir diese für und mit den Kindern gestalten und wie können wir als verantwortliche Erzieherinnen uns verständigen, dass diese Räume bei allen auch not-wendigen Entwicklungen nicht verloren gehen? Wie können Erzieherinnen dafür sorgen, dass die Einrichtung weiterhin kindgerechte und Kind orientierte “Räume“ zur Verfügung stellen kann? Wie leicht rutschen wir bei all den politischen Anforderungsprofilen in Schreckstarre, fühlen uns ungenügend, gehen in die innere Emigration mit einer grummelnden Unzufriedenheit, die wir aber irgendwie nicht fassen können? Ich wünsche Ihnen, dass Sie an sich, an Ihr Team, an Ihre Grundwerte, die Sie in diesen Beruf geführt haben, glauben und dass Sie dafür sorgen, dass diese Grundmotivation, die Sie selbst in Ihrem Beruf ja auch nährt, genug gelebte Resonanz bekommt, so dass Ihnen die Freude an der Arbeit nicht verloren geht und dass es Ihnen gelingt, gute Formen für Ihre Teamfindungs- und Konfliktbewältigungsprozesse zu kultivieren, damit Sie sich als Team im guten Sinne gestaltend erfahren können.
Literatur:
Joachim Armbrust, Melina Savvidis, Verena Schock, Konfliktfelder in der Kita, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012
Joachim Armbrust, Siegbert Kießler-Wisbar, Wolfgang Schmalzried, Konfliktmanagement in der Kita- Verständigungsprozesse im Team gestalten, Carl Link Verlag, Kronach 2013
Joachim Armbrust, Geschwisterstreit – Konfliktstrategien für Eltern, Urania Verlag, Freiburg im Breisgau Neuauflage 2013
Joachim Armbrust, Konflikte gehören zum Leben, Konstruktiv-prozessualer Umgang mit Konflikten, Zeitschriftenaufsatz in klein & groß 05/14
Joachim Armbrust, Alltägliche Konfliktsituationen in der Kita und unser Umgang damit, Zeitschriftenaufsatz in kinderleicht 4/14 – Konfliktmanagement, Die Zeitschrift für engagierte Erzieherinnen und Erzieher
Joachim Armbrust & Jasmin Hasslinger, „Einstellung neuer Mitarbeiter/-innen – Auswahlkriterien und Merkmale professioneller Bewerbungsgespräche“, Fachartikel in Handbuch für Erzieherinnen in Krippe, Kindergarten, Kita und Hort, Ausgabe 74 (Erscheinungsdatum: September 2013), OLZOG Verlag
Joachim Armbrust, Merkmale fachlich gelungener Supervision, Fachartikel in Handbuch für Erzieherinnen in Krippe, Kindergarten, Kita und Hort, Ausgabe 56,, Februar 2010, OLZOG Verlag
Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1981
Paul Watzlawick, Menschliche Kommunikation. Formen. Störungen. Paradoxien., Hans Huber Verlag, 2000
15. Februar 2021 / Joachim Armbrust / Kita-Leitung
Das Berufsfeld der Erzieherin ist ein weites Feld. Schnell ist man deshalb dabei von einer Erzieherin menschenunmögliches zu verlangen. Am besten wäre es, sie wäre eine Alleskönnerin , möglichst jung und erfahren, anpassungsfähig und eigenständig, kreativ und strukturiert, teamfähig und extrovertiert, genau und spontan, zielorientiert und ergebnisoffen, mobil und verfügbar, mitfühlend und sensitiv, hellhörig und initiativ, klar und konsequent, kindorientiert und elterngerecht, handwerklich und technisch begabt, Organisationsgenie und Freigeist, ein Multitalent sowieso, usw. Dies alles in gleichem Maße zur Verfügung zu haben, würde eine ganz andere Fähigkeit erfordern, nämlich die des Zauberns. Wünschen darf man sich eine solche idealisierte Kollegin aber schon. Ganz nebenbei führen Einstellungskriterien auch zu einer konstruktiven Selbstreflexion, denn schließlich muss ich mich und auch das Team ja an den selbst aufgestellten Kriterien messen lassen. Der Vorteil eines multiprofessionellen und vielfältigen Teams ist ja auch, dass nicht jede alles gleich gut können muss. Also ist mit der Einstellungsfrage immer auch die Frage verknüpft, was brauchen wir in unserem Team ganz besonders oder was fehlt uns noch. Die letztendlich tragende Hauptverantwortung im Hintergrund liegt bei der Kitaleitung, insofern sprechen wir im Besonderen die Kita-Leitung an. Wir wollen in diesem Artikel grundlegende Kriterien herausarbeiten, die den oben beschriebenen Entscheidungs- und Auswahlprozess erleichtern und auf fundierte Beine stellen. Wir werden auf den nächsten Seiten, wenn es um Kriterien geht, allerdings von Bausteinen sprechen, auf die wir bauen und denen wir vertrauen können. Schließlich ist unsere Hauptaufgabe, die Kinder beim „Bau ihres Hauses“ zur Seite zu stehen und ihnen das not-wendige „Baumaterial“ und die dafür erforderlichen „Bindemittel“ zur Verfügung zu stellen.
Damit Sie sich eine Idee von unserem „Fahr- und Bauplan“ bilden können, seien an dieser Stelle die Bausteine schon einmal benannt. Letztendlich liegt es an Ihnen, die Bausteine so einzusetzen, wie Sie sie für sich gebrauchen können.
A. Baustein I Ausgangsqualifikation 1. Formale Bildungsabschlüsse 2. Fachliche Kompetenzen
B. Baustein II Berufserfahrung
C. Baustein III Kognitive und intellektuelle Fähigkeiten
D. Baustein IV Personale Kompetenz
E. Baustein V Soziale Kompetenz
F. Baustein VI Methoden Kompetenz
Kompetenzbausteine
Wie bei jedem Bau gehen wir nun Schritt für Schritt vor und legen Ihnen Stein auf Stein die notwendigen Hintergrundüberlegungen dar, die sie für die Gestaltung eines Bewerbungsgespräches Ihrem Bedarf entsprechend nutzen können.
(Neueste) Kenntnisse aus Theorie und Wissenschaft in Bezug auf Entwicklungspsychologie, Neurobiologie, Hirnforschung
Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Erfassung kindlicher Entwicklung
Grundkenntnisse über berufsrelevante Rechtsgrundlagen
Betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Buchführung und Rechnungswesen
Philosophisches und religionspädagogisches Hintergrundwissen
Kenntnisse der Gesprächsführung und Kommunikationsregeln
TIPP: Schließen Sie nicht aus der vielleicht bisher erfolgreich gelebten Berufsbiographie automatisch auf die zu erwartende weitere zukünftige Leistung. Achten Sie auf dynamisch - sich ausdehnen wollende Kräfte in der Persönlichkeit, die nach weiteren Entwicklungsräumen suchen oder wenn Sie eher nach einem Ruhepol suchen, achten Sie darauf, dass er sich später nicht als statisch und unbeweglich herausstellt. Wichtiger Hinweis: Qualifikationen weisen auf abprüfbares Wissen hin. Sie beurkunden nachweisbares Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten. Kompetenzen wiederum zeigen sich in Selbstorganisationsvermögen und Umsetzungsvermögen, also darin, „das Wissen anwenden zu können“. Sie gründen auf der Fähigkeit, in gründlich strukturell vorbereitete Erfahrungs- und Handlungsräume hinein performative Elemente zulassen zu können, damit die vorausgedachten Angebote sich mit kindlichem Leben füllen können. Schriftliche Unterlagen weisen Qualifikationen nach - in einem Bewerbungsgespräch können einige Kompetenzen beobachtet werden. Viele Kompetenzen werden erst im Berufsalltag sichtbar. Oft ist es deshalb hilfreich, die interessanteren Bewerber/innen zu einem Hospitationstag einzuladen, um sie direkt in der Arbeit, in der Beziehungsaufnahme zum Kind zu erleben, oder auch um sie bei der Lösung einer gegebenen Aufgabe zu begleiten (z.B.: Freispielangebot gestalten oder/und ein Element vom Tagesablauf übernehmen lassen).
B. Baustein II Berufserfahrung
Felder beruflicher Erfahrung
Bereits verantwortlich ausgefüllte Funktionsrollen
Praktische Erfahrungen mit unterschiedlichen Umsetzungsmodellen (offene oder geschlossene Gruppe, altersübergreifende oder altershomogene Gruppen etc.)
Situationsorientierte Projektarbeit
Kleinkindbetreuung (unter Dreijährige)
Alltagspraktische Umsetzungsversuche des Orientierungsplans
Selbsterprobung von standardisierten Beobachtungs- und Dokumentationsinstrumenten
Anwendungserfahrung mit der Portfolio-Arbeit (kindbezogene Entwicklungstagebücher)
C. Baustein III Kognitive und intellektuelle Fähigkeiten
Fähigkeit, Zusammenhänge wahrzunehmen und zu erkennen
Analyse- und Abstraktionsfähigkeit
Räumliches Beziehungsverständnis
Sprachliche (Ausdrucks-)Fähigkeit
Bewusstsein über die Vorbildfunktion und die damit verbundenen Verantwortlichkeiten einer Erzieherpersönlichkeit
Emotionale Qualitäten erspüren und die dahinterstehenden, energetischen Wirkkräfte einordnen können
Persönliches Spürbewusstsein versachlichen können
Fundiertes und erweiterbares Allgemeinwissen
Interesse an fachlicher Auseinandersetzung
Fähigkeit zur differenzierten Betrachtungsweise unterschiedlicher, miteinander verzahnter und verwobener Ebenen
D. Baustein IV Personale Kompetenz
(bezieht sich auf…….einer Erzieherpersönlichkeit)
die Selbstwahrnehmung,
die Arbeitshaltung
Motive und Motivation
berufliche Orientierung
psychische Konstitution
Wissen über sich selbst und den eigenen Umgang mit Stärken & Schwächen.
TIPP: Denn wer sich selbst gut kennt und über eigene Haltungen, Gefühle und Motive reflektiert, ist oft belastbarer und zuverlässiger. In der Regel ist sie/er auch besser in der Lage den Zugang und die Beziehung zum Kind positiv stabil zu halten.
Personale Kompetenz
(gründet auf Fähigkeiten wie folgenden…..:)
Selbständigkeit
Eigenständigkeit
Selbstbewusstsein
Selbstsicherheit
Selbstverantwortlichkeit
Belastbarkeit
Einsatzbereitschaft
Eigeninitiative
Engagement
Motivation
Einfühlungsvermögen
Flexibilität
Spontaneität
Kreativität
Gestaltungskraft
Innovationsfähigkeit
Zuverlässigkeit
Sorgfalt
Gewissenhaftigkeit
Aufgeschlossenheit und Offenheit
Interaktionsfähigkeit
Ausstrahlung und Auftreten
Persönlichkeit und Charakter
Werteverbindlichkeit
E. Baustein V Soziale Kompetenz
(bezieht sich auf….)
den Umgang einer Erzieherin mit anderen,
die Rolle und das Verhalten einer Erzieherin in Gruppen und Teams
die Fähigkeit einer Erzieherin, Reaktionen anderer auf das eigene Verhalten wahrzunehmen,
das Potential einer Erzieherin, Selbst- und Fremdbild abzugleichen,
das Vermögen einer Erzieherin, gut mit anderen zusammen zu arbeiten.
TIPP: Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse werden sehr viel stärker von der Beziehungsebene als von der Inhaltsebene beeinflusst (siehe Schulz von Thun). Erzieherinnen, die die Beziehungsebene wahrnehmen und gestalten können, tragen zur qualitativen Verbesserung von Ergebnissen bei.
Soziale Kompetenz
(gründet auf Fähigkeiten wie…)
Führungsfähigkeit
Verantwortungsbereitschaft
Risikobereitschaft
Überzeugungsfähigkeit
Durchsetzungsvermögen
Kontaktfähigkeit
Vernetzungsbereitschaft
Teamfähigkeit
Kooperationsfähigkeit
Anpassungsfähigkeit
Kritikfähigkeit
Lernbereitschaft
Leistungsbereitschaft
Motivations- und Delegationsfähigkeit,
Reflexionsfähigkeit
F. Baustein VI Methodenkompetenz
(bezieht sich auf……. der Erzieherin)
die Fähigkeit, Techniken und Methoden ziel- und zielgruppenorientiert auszuwählen und einzusetzen,
verschiedene Methoden zu kennen und situationsorientiert nutzen zu können,
die Fähigkeit die Wirkebene von Methoden zu kennen und sich mit Methoden reflexiv und kritisch auseinanderzusetzen,
die Fähigkeit, Methoden bedürfnisorientiert und situationsbezogen selbst entwickeln und erarbeiten zu können.
Methodenkompetenz
(gründet auf Fähigkeiten wie…..)
der Fähigkeit theoretischer Kenntnisse und Erfahrungen in praktisches Handeln umzusetzen.
Didaktischen Fähigkeiten (Planung, Aufbau, Methodik, Umsetzung, Reflexion, Nachbereitung von Erfahrungseinheiten)
der Fähigkeit, zur Konzepterstellung (Erarbeitung, Umsetzung, Fortschreibung, Weiterentwicklung)
der Fähigkeit zur Anwendung von Darstellungstechniken (Moderation, Präsentation)
der Befähigung zur Gesprächsführung
der Fähigkeit Qualitätsstandards zu entwickeln, sie zu überarbeiten und anzupassen (Projekte entwickeln, Arbeitsorganisationsabläufe modellieren)
dem Einbringen von eigenen musischen und künstlerischen Begabungen
der Fähigkeit den Partizipationsansätzen Richtung zu geben
Kommunikationsfähigkeit
Interaktionsfähigkeit
Rhetorische Fähigkeiten
Lehrkompetenz
Vermittlungsfähigkeit
Präsentation
Organisatorische Fähigkeiten
Koordinationsfähigkeit
TIPP: Achten Sie darauf, Menschen mit größerem Methodenrepertoire sind breiter aufgestellt, wenn es darum geht, situationsbedingt kreative und hilfreiche Lösungen zu entwickeln. Bewerber/innen, die neue Wege beschreiten, Neues ausprobieren, Fragen stellen oder Vorschläge einbringen, geben damit nicht selten einen Hinweis darauf, dass sie über ein größeres Methodenrepertoire verfügen und sich aktiv neue Struktur- und Angebotsformen aus den „Rippen schwitzen“ können.
Grundsätzlich können Sie in jedem Bewerbungsgespräch subjektiv vorhanden geglaubte Kompetenzen erfragen. Achten Sie aber darauf, dass subjektiv vorhanden geglaubte Kompetenzen noch lange nicht wirklich vorhanden sein müssen. Daher erfahren Sie an dieser Abfragestelle auch viel über Selbstbild und Selbsteinschätzung.
Abstimmung im Team
Ehe Sie jetzt aber mit dem aufgestellten Kriterienkatalog zu Bewerbungsgesprächen einladen, sollten Sie sich als Team zusammensetzen und miteinander besprechen, was Sie tatsächlich brauchen. Sicher kann Ihnen Ihre Kindergartenkonzeption einige Hinweise offenbaren, welche Kompetenzen in Ihrer Einrichtung in jedem Fall erforderlich sind als Grundkompetenzen. Moderiert werden sollte der Prozess von der Kitaleitung. In einem zweiten Schritt ist sicher noch einmal gut, zu schauen, welchen Platz die neue Kollegin/ der neue Kollege ausfüllen soll. Wichtig für die Leitung: Eventuell gibt es an dieser Stelle ja auch den Spielraum, die Tätigkeitsfelder neu zu zuordnen; sei es, dass eine Kollegin mit ihrem Aufgabenfeld unzufrieden ist, sei es, dass sie als Einrichtungsmitarbeiter ein Feld personell besser besetzt haben wollen usw. Auf diesem Diskussionsboden lässt sich dann auch ein entsprechendes Anforderungsprofil entwerfen, das die zukünftige, neue Kollegin ausfüllen soll. Je nach frei werdender Stelle in Ihrer Kindertageseinrichtung wird dieses Anforderungsprofil ganz unterschiedlich ausfallen. Im Anforderungsprofil definieren Sie, welche individuellen Kompetenzen für die freie Stelle dringend nötig sind und welche Kompetenzen in Ihrem Gesamtteam fehlen. Im Anforderungsprofil legen Sie beispielsweise fest, welche fachlichen, persönlichen, sozialen, methodischen und selbstaktiven Bausteine Ihre zukünftige Mitarbeiterin mitbringen sollte. Mit diesem verschriftlichten Anforderungsprofil wird es Ihnen möglich, Ihre Stellenausschreibung für die neue Erzieherin genau Ihren Bedürfnissen gemäß im Entwurf aufzusetzen. Auf diese Weise fundiert vorbereitet wird Ihr Stellenausschreibungsentwurf auch Ihrem Träger entsprechend einleuchten. Eine professionell gestaltete öffentliche Stellenausschreibung besteht aus 3 Teilen. Im 1. Teil beschreiben Sie kurz Ihre Einrichtung, die die Stelle vergibt. Im 2. Teil nennen Sie Ihre Anforderungen aus dem Anforderungsprofil, das Sie erstellt haben. In den 3. Teil gehören die Leistungen und Besonderheiten, die die neue Erzieherin in Ihrer Einrichtung erwarten kann. Bewerten Sie dann im nächsten Schritt die auf der Grundlage der Stellenausschreibung eingegangenen Bewerbungen anhand Ihres Anforderungsprofils und treffen Sie bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen eine erste präferierte Vorauswahl von einer begrenzten Anzahl von Bewerbern/innen, das spart Ihnen Zeit und Nerven. Nehmen Sie eine Bewertung anhand einer sogenannten ABC-Analyse vor. Bewerbungen, die alle Anforderungen erfüllen, erhalten die Wertung der Kategorie A. Diese Erzieherinnen laden Sie telefonisch zum Vorstellungsgespräch ein. In die Kategorie B fallen alle Unterlagen, die nicht alle Ihre Erwartungen erfüllen oder die manche Anforderungen nur teilweise bestätigen. Auf diesen Bewerbungen vermerken Sie die Kategorie B und bewahren sie auf. Für den Fall, dass Sie keine A-Erzieherin im Vorstellungsgespräch oder beim Hospitationstag überzeugt, greifen Sie auf die Kategorie B zurück. Alle anderen Bewerbungen, die Ihre Erwartungen nur bedingt oder überwiegend nicht erfüllen, gruppieren Sie in die Kategorie C ein. Diese Bewerbungen senden Sie zu Ihrer eigenen Entlastung sofort mit einem höflich ablehnenden Begleitschreiben zurück. Vorstellungsgespräche kosten wertvolle Arbeitszeit und müssen von Ihnen ausgewertet werden. Deshalb sollten diese Gespräche in einem angebrachten Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen. Je nach Relevanz der Stelle, die Sie zu besetzen versuchen, laden Sie 3 bis maximal 5 Erzieherinnen aus der A-Kategorie zu einem Vorstellungsgespräch in Ihre Einrichtung ein. Gut, wenn Sie die Vorauswahl im Gesamtteam treffen. Das letzte Wort hat selbstverständlich die Leitung in Absprache mit dem Träger. Prüfen Sie für sich selbst, ob Sie die Bewerbungsgespräche im Gesamtteam führen oder in kleineren Einheiten. Spätestens bei der Hospitation können sich sowieso alle ein Bild machen. Gut ist auch, wenn eine der anwesenden Personen, die wichtigsten Gesprächsaussagen bzw. -verläufe und - eindrücke mitschreibt. Terminieren Sie an einem Tag nicht mehr als 2 Vorstellungsgespräche und räumen Sie sich pro Gespräch einen Zeitraum von ca. 2 Stunden ein. Das heißt nicht, dass Sie 2 Stunden mit der Bewerberin sprechen - diese Zeit lässt Ihnen nach dem Vorstellungsgespräch einen zeitlichen Raum, um sich über Ihre Eindrücke auszutauschen, sie zu sortieren und sofort schriftlich strukturiert festzuhalten.
Das Vorstellungsgespräch
Ihr Vorstellungsgespräch verläuft professionell, wenn Sie sich an folgendem Ablauf orientieren: Schreiben Sie im Vorfeld auf Kärtchen die unterschiedlichen Abfragekategorien (Qualifikation, Berufserfahrung, Baustein – und Kompetenzbereiche, persönliche Lebens- und Arbeitshaltung), so können sich die Bewerber/innen, solange sie auf ihr Gespräch warten, gedanklich und emotional vorbereiten. Schließlich wollen Sie ja niemanden auflaufen lassen, sondern in einer Kultur der Wertschätzung, die für Sie beste Mitarbeiterin finden. Vergessen Sie dabei nicht, auch Ihren eigenen Part vorzustrukturieren und auf Kärtchen darzustellen (Mitarbeiterinnen, angelegte Struktur der Teamarbeit, Kinder Alter, Öffnungszeiten, Arbeitszeiten, Menschenbild, Konzeption, Arbeitsweise, Träger) Diese Kärtchen können dann auch als roter Faden des Gesprächs dienen. Sie legen einfach die Themenkarte auf den Tisch, die sich inhaltlich mit dem beschäftigt, was Sie als nächstes besprechen und austauschen wollen.
Die Leiterin sagt in der Begrüßungssituation einige freundliche Sätze, um der potentiellen Kollegin ihre Anspannung zu nehmen. Schön ist es, wenn Sie sich kurz in der Kollegen/innenrunde vorstellen mit ein paar persönlichen Aussagen über sich. Mit Darstellung Ihrer Einrichtung vermitteln Sie grundlegende Informationen, wie Ziele, konzeptionelle Schwerpunkte und pädagogische Grundhaltungen. Es folgt eine Selbstpräsentation der Erzieherin, in der sie über ihren Werdegang, ihre Haltungen, Erfahrungen und Interessen berichten kann. Daran an schließt sich eine wechselseitige Frage- und Antwort-Phase, in der Sie und die Bewerberin noch offene Fragen klären können. Nutzen Sie diese Phase, um die neue Erzieherin zu ihren Stärken, Schwächen, Vorlieben und Kompetenzen zu befragen. Achten Sie bei der Art der Fragestellungen darauf, dass die Breite der prozessualen Handlungsmöglichkeiten, die die Bewerberin mitbringt, sichtbar wird. Stellen Sie auch fest, warum die Erzieherin sich in Ihrer Einrichtung beworben hat. Führen Sie zum Abschluss die Bewerberin durch Ihre Einrichtung, damit Sie sich ein handgreifliches Bild machen kann. Nutzen Sie nun die Möglichkeit des Rückzugs, bitten Sie um einen Moment Geduld, um kurz abzuklären, ob die anwesende Person Ihr Interesse als Team soweit wecken konnte, dass Sie sie zu einem Hospitationstag einladen wollen. Entsprechend verabschieden Sie sich offen oder vereinbaren einen Termin für die Hospitation. Richten Sie bei der Vorauswahl Ihr Augenmerk nicht nur auf den Kriterienkatalog, sondern trauen Sie auch Ihren Gefühlen und Ihrer Intuition. Für die stellensuchende Erzieherin ist es hilfreich, wenn sie aus diesem Gespräch bereits eine Information mit nach Hause nehmen kann, der ihr aufzeigt, welche Mitwirkungserwartung für den Hospitationstag sich an sie richtet. Klären Sie die Bewerberin über den angelegten Entscheidungsrahmen auf, indem Sie ihr beispielsweise mitteilen, bis wann Sie sich entscheiden wollen. Danach verabschieden Sie sie. Nach dem Vorstellungsgespräch legen Sie eine kurze Pause ein und sortieren Ihre Eindrücke. Halten Sie die Eindrücke unbedingt schriftlich fest, denn die Gefahr ist groß, dass sich die Eindrücke vermischen, vor allem dann, wenn Sie 5 Erzieherinnen in die engere Personalauswahl ziehen. Die Hospitation der Bewerberin sollte an einem Tag stattfinden, der den üblichen Rhythmus und Ablauf Ihrer Kindertageseinrichtung zeigt. Ein normaler Arbeitstag reicht völlig für einen tiefgreifenden ersten Eindruck aus. Führen Sie nach dem Probearbeiten ein kurzes Auswertungsgespräch mit der Bewerberin über deren Eindrücke und Fragen und geben Sie selbst ein kurzes, ehrliches Feedback. Verabschieden Sie sich wiederum mit einer verbindlichen Absprache, die sich beispielsweise darauf beziehen kann, bis wann sie mit einer Entscheidung rechnen kann. Der endgültigen Entscheidung legen Sie bitte Ihr im Vorfeld gemeinsam erarbeitetes Anforderungsprofil zugrunde, sichten Ihre Verschriftlichungen im Zusammenhang mit dem Vorstellungsgespräch und der Hospitation. Entscheiden Sie sich für diejenige neue Erzieherin, die mit ihrer Bewerbung, den Aussagen im Vorstellungsgespräch und dem Eindruck während der Arbeitsprobe in Ihrer Einrichtung Ihrem Anforderungsprofil am nächsten kommt. So kann es Ihnen gelingen, dass Sie in Zukunft diejenige Bewerberin auswählen, die tatsächlich zu Ihrer Einrichtung passt. Auf dieser Grundlage können Sie relativ sicher sein, dass sie sich nicht von gutem Auftreten allein blenden lassen.
Gesprächsverläufe prozessual und dialektisch gestalten
Auf den nächsten Seiten wollen wir uns eher dem prozessualen, dialogischen und inhaltlichen Gesprächsverlauf widmen. Wie muss ein erfolgreiches Gespräch, das uns in unserer Wahl voranbringt, angelegt sein? Mit welchen Fragestellungen, mit welchen Impulsen und Anforderungen dürfen, ja, müssen wir die mögliche zukünftige Kollegin in Kontakt bringen bzw. sogar einmal konfrontieren? Wie können wir unser Augenmerk für die oft unausgesprochenen Schattenseiten/Schwächen schärfen und entsprechende Haltungen im Umgang mit sich selbst „heraus kitzeln“, die uns Einblick geben in die Integrationsfähigkeit eigener Persönlichkeitsanteile. Bei der Einführung an diese prozessuale Frageherangehensweise begnügen wir uns mit exemplarischen Ausformulierungen und trauen Ihnen zu, dass Sie das für die übrigen Bausteine selbst in die Hand nehmen können.
A.Baustein I Ausgangsqualifikation
Können Sie sich noch erinnern, welche Faktoren ausschlaggebend dafür waren zu entscheiden an welchen Schulen Sie sich bewerben und an welchen nicht?
Welche Kriterien waren für Sie maßgeblich für Ihre Vorauswahl?
Über welche Kommunikationskanäle sind Sie zu Ihrer Informationen über die einzelnen Schulen gekommen?
Welchen Eindruck hatten Sie im Vorfeld von der Ausbildungsstätte die Sie dann aufgenommen hat?
Hat sich in der Realität Ihre Einschätzung bestätigt?
Was würden Sie sagen, in wie weit ist es den Lehrkörpern gelungen, die Ausbildungsschwerpunkte der Schule durch Handlungsvorbild zu vermitteln?
Was würden Sie sagen, welches Menschenbild, welche Idee von pädagogischer Begleitung dem pädagogischen Unterricht zu Grundlage lag?
Vermittelten die Lehrkräfte ein einheitliches Bild diesbezüglich?
Gab es einen Lehrer oder Lehrerin, die Sie in besonderer Weise ansprach, mit dem wie sie und was sie vermittelte?
Was würden Sie sagen, was es war, was Sie besonders angesprochen hat?
Haben Sie während der Ausbildungszeit auch einmal mit der eingeschlagenen Richtung gehadert und hinterfragt ob das die richtige Wahl war?
Wie ist das denn heute? Haben Sie das Gefühl im richtigen Beruf gelandet zu sein?
Würden Sie sagen, dass dieser Beruf vor allen Dingen der Erwerbsarbeit dient, oder würden Sie sagen, dass er für Sie eine Art Berufung ist?
Welche Fächer haben Sie in Ihrer Schulzeit besonders angesprochen?
In welchem Zusammenhang hatten Sie das Gefühl das bereits angelegte Stärken weitere Differenzierung und Kultivierung erfahren haben?
In welchen Bereichen haben Sie auch ganz neue Fähigkeiten und Stärken an sich selbst entdecken dürfen?
Gab es auch Bereiche, die Ihnen weniger zugänglich waren und die mit ihren Anforderungen Sie auch an persönliche Grenzen gebracht haben?
Durch welche Strategien war es Ihnen möglich auch in diesen für Sie schwierigen Lernfeldern am Ball zu bleiben?
Haben Sie sich Hilfe organisiert und Unterstützung erfahren?
In welcher Weise hatten die eher schulisch, theoretischen Zusammenhänge Einfluss auf der Wahl Ihrer Praktikas?
In welchen Einrichtungen und aus welcher Motivation heraus haben Sie Ihre Praktikas durchgeführt?
Was würden Sie sagen, waren die Anforderungsprofile in der Praxis die Sie besonders gefordert haben?
Was würden Sie sagen, hat Ihnen Spaß gemacht und ging Ihnen leicht von der Hand?
War es Ihnen ein Anliegen bei der Wahl Ihrer Praktikas auch darauf zu achten verschiedene Konzeptionen und Ansätze in der pädagogischen Praxis kennen zu lernen?
Oder suchten Sie Praktikumsstellen eher unter dem Gesichtspunkt aus, Bündnispartner zu finden, für bereits entwickelte eigene Haltungen, Sichtweisen und pädagogischen Ansätzen?
Zu welchen Konzepten haben Sie besondere Nähe erfahren und worauf gründete diese?
Was würden Sie sagen, waren die wesentlichen Entwicklungselemente während Ihrer schulischen Ausbildung, die Sie auf die Arbeit gut vorbereitet haben?
Würden Sie im nach hinein sagen, dass der von Ihnen gewählte Ausbildungsort für Sie der richtige Platz war, um sich weiter zu entwickeln?
Was haben Sie vielleicht auch vermisst, was in anderen Fachschulen breitere Aufmerksamkeit gefunden hat?
In welche Richtung würden Sie sagen, hat die praktische Arbeit Interesse geweckt oder vertiefte Differenzierungswünsche im professionellen Handeln ausgelöst?
Gibt es Ansätze die Sie sich aufgrund dessen durch Fortbildungen und Zusatzqualifikationen verstärkt angeeignet haben?
Was würden Sie sagen sind die Hauptentwicklungsströme die sich für Sie gebildet haben im Zusammenhang mit Ihrem Berufsverständnis und Ihrer beruflichen Identität?
Fühlen Sie sich heute weit gehend für die nicht immer vorhersagbaren Situationen im Kindertagesbereich gerüstet?
B. Baustein II Berufserfahrungen
In welcher Art von Einrichtung haben Sie bisher gearbeitet?
Welche speziellen Angebote wurden dort für Kinder vorgehalten?
Wie waren die Gruppen organisiert?
Wie viele Kinder hat die Einrichtung aufgenommen?
Bei welchen Trägern wären Sie beschäftigt?
Wie haben Sie die jeweiligen Rahmenbedingungen für sich erlebt?
Wo haben Sie sich eher unterstützt und wo vielleicht auch eher gegängelt gefühlt?
Wie waren die Öffnungszeiten und die Altersstruktur angelegt?
Mit welcher Altersgruppe haben Sie am liebsten gearbeitet?
Was würden Sie sagen, wo fühlen Sie sich mehr zu Hause im Freispiel oder im von Ihnen angeleiteten Angebot?
Was waren bisher die Aufgabenfelder die Ihnen zugeteilt wurden?
Welche typischen Tagesabläufe haben Sie bisher kennen gelernt?
Und welche Art von Tagesablauf würden Sie selbst implementieren?
Welche Teamstrukturen haben Sie bereits kennen gelernt?
Arbeiten Sie lieber im gleichwertigen Team oder bevorzugen Sie Leitungsstrukturen?
Welche Projekte/ Projektthemen haben Sie bereits eigenverantwortlich durchgeführt?
Beschreiben Sie uns beispielhaft einen Durchführungsprozess mit seinen unerwarteten Schwierigkeiten und seinen freudigen Überraschungen?
Wie finden Sie zu den Projektthemen die Sie mit den Ihnen anvertrauten Kinder angehen?
Haben sich die Themen unterwegs auch zu Ihrer Überraschung schon einmal verändert?
Wie legen Sie die Projektentstehung an, so das auch für die Kinder Raum zur Mitgestaltung bleibt?
Wie gut gelingt es Ihnen Ideen und Initiativen der Kinder einzubinden?
Oder geht es Ihnen so, dass Sie die Selbstaktivität der Kinder manchmal auch als Störung empfinden?
Welche Felder beruflicher Erfahrung sind noch schlecht bestellt und brauchen weitere Zuwendung um sich zu entwickeln?
Welchen Weg haben Sie mit der begleitenden Dokumentation kindlicher Erfahrungsprozesse für sich gefunden und eingeschlagen?
Aus welchen kennen gelernten Verfahren schöpfen Sie dabei?
Haben Sie ein inneres Ja für diese Begleitberichte, machen sie für Sie Sinn und an welcher Stelle?
In welcher Form halten Sie kindliche Entwicklung, kindliche Erscheinung, kindliche Besonderheiten, Gruppenprozesse aus subjektiver Sicht einzelner Kinder für sich fest?
In welcher Weise lassen sich diese Dokumentationen für Ihre eigene Auswertung im Zusammenhang mit einzelnen Kindern nutzen?
In wie weit fließen diese Verschriftlichungen Ihrer Beobachtungen ein, in die von Ihnen geführten Elterngespräche?
Gelingt es Ihnen Ihrer Beobachtungen in der Kindertageseinrichtung mit den Beobachtungen und Wahrnehmungen der Eltern zu Hause abzugleichen und als Grundlage für weitere Auseinandersetzungen zu nutzen?
In welcher Weise verständigen Sie sich mit den Eltern auf Entwicklungsräume die den jeweiligen Kindern eröffnet werden sollten?
C. Baustein III Kognitive und intellektuelle Fähigkeiten
Wie haben Sie an Ihren bisherigen Arbeitsplätzen das Zusammenspiel unterschiedlicher Wirkkräfte empfunden?
Waren die eingespielten Kommunikationsgewohnheiten zwischen Träger, den Erzieherinnen, den Eltern und den Kindern in einer guten Balance?
Waren die sich darstellenden Prozesse transparent, durften Sie wahrgenommen und darüber gesprochen werden?
An welcher Stelle haben Sie einen besonderen Erwartungsdruck von Seiten der Eltern im Hinblick auf die Kinder erfahren?
Welches waren elterliche Reizthemen, die schnell auch zu einem einberufenen Elternabend führen konnten?
Von welcher Qualität, würden Sie sagen, waren die Beziehungen zwischen Erzieherinnen und Eltern geprägt?
Waren beide Seiten zur Annahme von Kritik fähig?
Gelang es den Erzieherinnen besondere pädagogische Augenmerke an die Eltern weiter zu transportieren und sie für die besondere Gewichtung zu gewinnen?
In welcher Weise wirkte der Träger in die alltäglichen Abläufe der Einrichtung ein?
Kam es dabei auch zu Bündnissen zwischen Erzieherinnen und Eltern?
In welcher Weise waren die Einrichtungen die Sie bis jetzt kennen gelernt haben, mit der Nachbarschaft, mit Einrichtungen in der Nachbarschaft vernetzt?
In welcher Weise haben Sie die Einrichtung für das „Leben da draußen“ geöffnet?
In welcher Weise haben politische Entscheidungen in der Kommune oder auch in über geordneten Zusammenspiel unserer Gesellschaft Auswirkungen auf Ihre Arbeit gehabt?
Welche davon befürworten Sie und welche haben Sie auch als wenig unterstützen und hilfreich erfahren?
Schätzen Sie sich so ein, dass Sie sich für in der Lage halten entstehende Spannungsfelder zwischen verschiedener Interessensgruppen zu erspüren?
Können Sie verschiedene Kräfte bündeln und zusammen führen?
Wie gehen Sie mit wahrgenommenen Problemfelder oder anderen Arten von Beziehungsbewegungen um, wenn Sie sie erspüren?
Was haben Sie für sich selbst als hilfreiche Haltung in solchen Situationen erfahren?
Können Sie Prozessebenen trennen?
Gelingt es Ihnen zu Eltern, Träger, Teamkollegen, Kindern … usw. im Konfliktfall oder auch sonst Kontakt zu halten und wenn nötig zu befrieden?
Welche Strategien stehen Ihnen für solche Herausforderungen zur Verfügung?
Wo nehmen Sie sensible, neuralgische Punkte wahr, die in solchen Prozessen unbedingt Berücksichtigung finden sollten?
Können Sie uns beispielhaft einen solchen Prozessverlauf inklusive Ihrer Handlungseingriffe und Haltungen beschreiben?
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie den Kontakt zu Vorgängen die im Raum stehen und Sie und Ihre Einrichtung betreffen verlieren?
Wie können Sie sich damit in Verbindung bringen?
Wie können notwendige Abgleiche im Einzelfall gestaltet werden?
Sind Sie sich dessen bewusst, dass Sie durch Ihre Art zu kommunizieren und aufzutreten maßgeblich die Kommunikationskultur Ihrer Einrichtung bestimmen?
In welcher Weise gelingt es Ihnen in gutem Kontakt zu gesellschaftlichen Wandlungsprozessen im Zusammenhang mit Frühpädagogik zu bleiben und entsprechende Erkenntnisse in den Alltag zu integrieren?
Ist Ihnen klar, dass jeder der von Ihnen initiierten Eingriffe in eines der benannten Subsysteme gewaltige Umwälzungen nach sich ziehen kann?
Was bedeutet das für die von Ihnen gefüllte Berufsrolle mit Blick auf das Thema Verantwortung?
D. Baustein IV Personale Kompetenz:
Wenn Sie selbst eine Einschätzung darüber abgeben sollten, welche speziellen Ressourcen und Kompetenzen in Ihrer Persönlichkeit angelegt sind, was würden Sie als die 5 größten persönlichen Stärken benennen?
Wenn Sie umgekehrt in den Schattenbereich Ihrer Stärken schauen, was könnten andere mit dem Blick von außen als Ihre Schwächen ausfindig machen?
Mit welchen 3 Charaktereigenschaften würden die Ihnen nahe stehenden Menschen Sie beschreiben?
Wie gehen Sie mit Stärken und Schwächen Ihrer Person betreffend selbst um?
Was sagen Sie zu dem Satz, „dass in jeder Stärke auch eine Schwäche liegt und dass sich in jeder Schwäche auch eine Stärke verbirgt“?
Wie gehen Sie damit um, wenn Ihnen Kinder oder Eltern Ihnen weniger angenehme Eigenheiten spiegeln?
Im Folgenden wollen wir die einzelnen Personalen Kompetenzen gemeinsam mit ihren komplementären Schattenseiten in Zusammenhang bringen.
Selbstständigkeit und Eigenständigkeit
Eine selbstständige und eigenständige Erzieherin verfolgt aktiv ihre Intentionen, handelt verantwortungsvoll, kann Aufgaben alleine und selbstverantwortlich lösen oder sich verantwortlich um entsprechend fehlende Ressourcen oder noch zusätzlich notwendiges Knowhow kümmern. Sie bezieht sich verantwortlich auf entstehende Situationen und betrachtet Sie als bereichernde Herausforderung. Sie denkt mit und wird zu einer verlässlichen Säule des Teams.
Vergewissern Sie sich auch, ob die von Ihnen eigenständig durchgeführten Handlungen bei den Kolleginnen Rückhalt finden?
Wer ungefragt Verantwortung übernimmt, könnte auch ungewollt anderen zu einem bequemen Leben verhelfen, wie stehen Sie dazu?
Was an Ihrer Selbstständigkeit und Eigenständigkeit gefällt Ihnen und bei was hilft Sie Ihnen?
Wann oder bei was haben Sie diese Selbstverständlichkeit eigenständig Initiative zu ergreifen und durchzutragen entwickelt?
Wie lässt sich diese Eigenschaft bei Kindern unterstützen?
Was, wenn ein eher unsicheres Menschenkind sich an Ihre Stärke „anhängt“?
Können Sie es wahrnehmen, wenn Sie bedingt durch Ihre Stärke Räume zu schnell handelnd besetzten und anderen die Möglichkeit zum „hineinspringen“ nehmen?
Schießt Sie über das Ziel hinaus, kann es dazu führen, dass Sie sich zu
wenig vernetzt, dass Sie ein Mangel an Kooperation auszeichnet und Sie
sich zu sehr aus Ihrem Eigenengagement speist? Fehlt
diese Kompetenz besteht die Gefahr sich vom Handeln oder der Stärke
Anderer abhängig zu machen, zu sehr abwartend nach den Anderen zu
schauen statt selbst tätig in Aktion zu treten.
Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit und Selbstverantwortlichkeit
Selbstständige Erzieherinnen fühlen sich in sich selbst und im Kontakt mit anderen sicher. Sie sind soweit unabhängig vom Urteil und Einfluss anderer, dass sie für sich selbst beschließen können, in welches Verhältnis sie sich zu den Bewertungen setzen. Sie nehmen sich selbst an, mit ihren Stärken und Schwächen und können deshalb auch konstruktiv mit Kritik umgehen. Es fällt ihnen nicht schwer eigene Haltungen und Meinungen sichtbar zu machen und für sie ein zu stehen.
Solche Menschen sagen in der Regel offen und direkt ihre Meinung.
Schlägt das Pendel aus in Richtung von „sich selbst eingenommen sein“, kann es dazu führen, dass das Glauben an sich selbst kritische Stimmen ausschließt und die Reflexionsfähigkeit einschränkt. Wer von sich selbst zu sehr überzeugt ist, lässt Lernbereitschaft missen und wird zunehmend undiplomatisch, also ohne Verbindung zu den anderen, erlebt.
Wer für sich selbst einstehen kann, sich seiner selbst bewusst ist, findet oftmals Bewunderer, aber auch Neider. Ist Ihnen ähnliches schon widerfahren? Was haben Sie dazu beigetragen, um dies aufzulösen?
Seiner selbst bewusst zu sein, heißt ja auch, sein situatives Handeln auf dem Boden der eigenen Geschichte und des eigenen Geworden seins zu verstehen und auszudeuten. Können Sie diesen Blick auf sich selbst anderen zugänglich machen?
Können Sie es sich erlauben, sich in Situationen von Selbstzweifel und sich schwach fühlen, den anderen zu öffnen und Einblick zu gewähren?
Können Sie es zulassen, in solchen Momenten sich von anderen getragen zu wissen?
Wie reagieren Sie, wenn Sie sich grundsätzlich in Frage gestellt fühlen?
Können Sie dies als Herausforderung „in sich hinein lassen“?
Neigt sich die Gewichtung zu einem übersteigerten Selbstbewusstsein hin, liegt es nahe, lästige „Störungen“ zu überhören und mit angelegtem Scheuklappenblick zu übergehen. Aufgesetztes Selbstbewusstsein dient oft wie eine Burg zur Abwehr von allem was Selbstzweifel hervorrufen könnte.
Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft
Belastbare und einsatzbereite Erzieherinnen haben Durchhaltevermögen und einen langen Atem. Sie brechen selten weg und können deshalb ihre Leistungsfähigkeit relativ gut stabil halten. Sie haben in der Regel eine gute körperliche Konstitution und können auf dieser stabilen Grundlage Stress leichter aushalten. Oder sie wissen in besonderer Weise sich abzugrenzen und Belastungsspitzen zu kompensieren. Im besten Fall achten Sie aktiv auf psychischen und physischen Ausgleich, als Komplementärhandlung zu den Anforderungen. Sie wissen mit Stress, Frustration und Misserfolg konstruktiv umzugehen und werden dadurch seltener aus ihrer Leistungsbahn geworfen. Sie können im besten Fall auch Mehrfachbelastungen mit einer gewissen Leichtigkeit in der Balance halten.
Welche Strategien haben Sie für sich selbst zur Verfügung, um Ihre Belastbarkeit zu erhöhen?
Belastbare Menschen werden gerne, auch über Gebühr, in Anspruch genommen. Kennen Sie Ihre persönlichen Leistungsgrenzen?
Und können Sie Signale, die auf eine entsprechende Leistungsgrenze hindeuten, auch richtig für sich deuten?
Welche dauerhaft belastende Situationen in Ihrer Geschichte haben dazu beigetragen, den Entwicklungsraum für gerade diese Stärke anzustoßen?
Im schlechtesten Fall entwickelt sich ein automatisiertes Durchhalten um des Durchhalten willens. Prioritäten werden nicht mehr kreativ abgewogen und gestaltet, sondern verflachen sich in eine Art eingeschränkte Handlungseinbahnstraße. Der Verantwortungsplatz der Anderen wird nicht mehr mitgedacht. Alles will selbst getragen werden.
Eigeninitiative, aktives Engagement und Motivation
Engagierte und motivierte Erzieherinnen wollen mit Tatkraft initiieren und etwas voranbringen. Mit großer Lust und ungefragt aus der eigenen Initiative heraus bringen Sie neue Ideen ein, machen innovative Vorschläge und glauben an die hilfreiche Seite von angestoßener Entwicklung. Sie sind lernfreudig und wollen ihre Selbstwirksamkeit erfahren.
Lassen Sie sich schnell in Eigeninitiativen verunsichern?
Geben Sie schnell eigentlich gut durchdachte Lösungsideen auf? Und lassen sich von schnell von gut voraus gedachten Handlungswegen wieder abbringen?
Können Sie sich von Initiativen Anderer auch einmal mitreißen lassen? Oder sind sie vielleicht sogar froh, wenn eine Kollegin Sie für eine Sache motiviert?
Worauf denken Sie sollte man bei innovativen Initiativen achten?
Wie können Sie sich selbst motivieren und engagieren und aus einkehrender Alltagstristesse immer auch mal wieder ausbrechen?
Die Kehrseite positiver Eigeninitiative schießt über das Ziel hinaus, nimmt die anderen nicht mit und ist im Zweifelsfalle darum bemüht, sich selbst in ein positives Bild zu stellen und die anderen als Bremser anzutun. Im schlimmsten Fall wird der normale, tragende Alltag als langweilig empfunden und soll sich der Dynamik von fortdauernden Neuerungen opfern.
Einfühlungsvermögen
Einfühlsame Erzieherinnen sind gut in der Lage sich selbst und andere wahrzunehmen, Stimmungen zu orten und einzuordnen. Einfühlsame Erzieherinnen denken Gefühlsempfindlichkeiten voraus und versuchen vorbeugend negative Auslöser zu vermeiden. Sie sind gut in der Lage sich auf schwierige Menschen und Situationen zugewandt einzustellen und deren subjektiven Erlebnis- und Deutungsrahmen mit in ihr Handeln und Fühlen einzubeziehen. Sie tragen zu einem guten Teamklima bei. Einfühlung ist sicher eine der Qualitäten die nur bedingt gelernt werden kann.
Wie würden Sie Ihre eigene Fähigkeit sich in andere einzufühlen einschätzen?
Was glauben Sie, welchen Einfluss vorhandenes oder nicht vorhandenes Einfühlungsvermögen auf die zu gestaltenden Beziehungen ausübt?
Können Sie sich an Situationen erinnern in denen Ihre Einfühlung in andere, die Grenzen zwischen sich und den anderen haben verschwimmen lassen?
Woher nehmen Sie die Sicherheit nach dem Einfühlen wieder zu sich selbst zurück zu finden?
Wie können Sie Eingefühltes auch wieder verabschieden und frei geben?
Können Sie sich vorstellen, dass Sie in Situationen geraten können, in denen Einfühlung wenig hilfreich ist?
Kippt die Einfühlung eher in die Richtung von Hypersensibilität kann das dazu führen, dass nicht mehr eingefühlt, sondern mit gelitten wird oder dass sich Mitgefühl und Einfühlung in Mitleid verwandelt. Gesunde Einfühlung dient der gegenseitigen Verständigung, hypersensitive Menschen tut Nichtverständigung und Unverständnis regelrecht körperlich weh, kein Wunder das sie versuchen, Beziehungen und Verhältnisse zu harmonisieren und Konflikte schön zu reden.
Flexibilität und Spontaneität
Flexible und spontane Erzieherinnen haben wenig bis keine Schwierigkeiten damit, wenn sich eingespielte Gewohnheiten oder von allen anerkannte Traditionen verflüssigen oder gar in Luft auflösen. Sie können sich auf Veränderungen gut einstellen und können wie ein Fisch im Wasser, wenn der Boden ins Schwimmen gerät, mitschwimmen. Sie empfinden sich auflösende Strukturen als Chance und Anstoß zur Erneuerung. Flexible und spontane Erzieherinnen neigen eher dazu sich durch zu eng vor gebahnte Handlungsvorgaben gegängelt zu fühlen. Sie haben eine Freude daran in nicht voraussehbaren Situationen spontane Handlungsantworten zu entwickeln. Sie können mit der kindlichen Spontaneität angstfrei und unterstützend mitschwingen. Sie schätzen neue Aufgaben und Handlungsräume.
Gehören Sie zu den Menschen die eher mehr oder weniger Sicherheit brauchen, um sich von vertrauten Gewohnheiten oder eingespielten Bahnen zu verabschieden?
Welche Rolle spielt der Zeitfaktor dabei, wenn es darum geht, dass Sie sich flexibel auf Veränderungen einstellen sollen?
Sehen Sie sich in der Lage in entsprechenden Anforderungssituationen spontan passende Antworten und Reaktion zu kreieren?
Wie geht es Ihnen mit der Spontaneität und Flexibilität Ihrer Kollegen?
Wie bekommen Sie das Spannungsfeld von notwendiger Kontinuität und erforderlicher Flexibilität für sich selbst in eine gute Balance?
Können Sie es sich erlauben, sich den Kollegen damit zu offen baren, dass Sie im Moment überhaupt keine Bewegung und keine Anforderung an Flexibilität brauchen können? Wie würde das in Ihrem bisherigen Team bewertet?
Im schlimmsten Falle empfinden sie jede Art von Ordnung oder eingespielten Verhaltensweisen und Regeln als Gefängnis. Am liebsten würden sie immer wieder die Welt neu erfinden und können den Schatz des Beständigen wenig würdigen. Sehr flexible Erzieherinnen empfinden kontinuierliche, erforderliche Arbeiten schnell als öde und wenig reizvoll. Sie brauchen viel Abwechslung um Ihren Spannungsbogen zu halten. Sie entwickeln lieber, als das sie Entwickeltes ausfüllen. Im schlimmsten Falle springen sie in Beziehungen wie die Biene von einer Blume zur anderen ohne die innere Bereitschaft zu kontinuierlicher und verbindlicher Beziehungsarbeit. Schnell wird dann der andere als unbeweglich und phlegmatisch empfunden und für entstehende Bewegungslosigkeit verantwortlich gemacht.
Zuverlässigkeit, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit
Zuverlässige und sorgfältige Erzieherinnen haben eine große Genauigkeit und achten sehr auf Details. Ihre Aufmerksamkeit liegt auf der präzisen Durchführung ihrer Vorstellung. Sie sind im besten Sinne loyal gegenüber Arbeitsanforderungen und dem Arbeitgeber, wollen Fehler vermeiden und die Dinge „gut“ machen. Sie sind berechenbar und führen übertragende Aufgaben gewissenhaft aus. Eigene Stimmungen und Befindlichkeiten haben in der Regel nicht die Macht die Qualität der Durchführung zu schmälern. Sie bringen gleich bleibende Leistungen, sind ordentlich, machen wenig Fehler und werden als sehr verlässlich erlebt.
Würden Sie von sich sagen, dass Sie Ihnen übertragene Aufgaben mit Sorgfalt ausführen?
Durch welche Begebenheiten werden Sie in Ihrem Zuverlässigsein und Ihrer Gewissenhaftigkeit behindert?
Was erleichtert es Ihnen sich als zuverlässig und sorgfältig zu erweisen?
Wie geht es Ihnen mit Kollegen/ Kolleginnen, auf die Sie sich nur bedingt verlassen können?
Können Sie sich vorstellen, dass es Situationen gibt, die ein zurückstellen von vorgenommenen Zielen erforderlich machen?
Können Sie sich ein notwendiges Verschieben von Aufgaben verzeihen?
Was glauben Sie, welche Auswirkung es auf Kinder hat, wenn sich Ihre Bezugserzieherin als wenig verlässlich erweist?
Können Sie sich vorstellen, dass Kinder die sich schwer tun auch ärgerlich werden, wenn sie zur Sorgfalt angehalten werden?
Besonders gewissenhafte und sorgfältige Menschen brauchen diese selbst auferlegte Verlässlichkeit vielleicht auch zum eigenen Schutz, um in den vielfältig in Bewegung erlebten Beziehungen sich ein Stück „sicheres Geländer“ zu verschaffen. Weniger schön wäre, wenn dabei aus der Situation heraus erforderliche Reaktionen unter bleiben würden. Schwierig würden diese Komponenten auch in Verbindung mit der Tendenz zu einer Art Zwanghaftigkeit. Perfektionismus lädt alles Lebendige aus.
E. Baustein V Soziale Kompetenz:
Führungsfähigkeit, Verantwortungs- und Risikobereitschaft
Verantwortungsbereite und führungsfähige Erzieherinnen haben eine Vorstellung davon, wohin sich Verhältnisse entwickeln sollen oder wie sie ihrer Meinung nach organisiert sein müssen, um eine gute und funktionstüchtige Balance herzustellen.
Sie haben Interesse an inhaltlicher Gestaltung wie auch an der Gestaltung sozialer Beziehungen und der Ausrichtung einer Arbeitsgemeinschaft. Sie können sich selbst und andere begeistern, sie wollen aus dem Vollen schöpfen und inhaltlich etwas bewegen. Wer Führung übernimmt darf keine Angst vor Risiken haben, sollte Geduld und Verständnis mitbringen, Klarheit geben und trotzdem vermittlungsfähig bleiben. Er sollte Beziehungsprozesse moderieren und steuern können und sollte zur gemeinsam Entwicklung anstoßen können. Visionen und Ziele sind notwendiger Motor für gutes Führungspersonal.
Was glauben Sie, was Sie persönlich mitbringen, um eine gute Führung zu gewährleisten?
Welche Eigenschaften müssen Ihrer Meinung nach gute Leistungspersonen mitbringen?
Was sollte eine Leitung niemals tun?
Darf sich eine Leitung, gleichzeitig auch als Teammitglied verstehen?
Denken Sie, dass Sie dem erwartungsvollen Spannungsfeld zwischen den Interessen des Trägers, für die Sie stehen sollen und den Interessen Ihrer Kolleginnen für die Sie Fürsorgepflicht haben, gestaltend gerecht werden können?
Was ist das Schlimmste was einer Leitung passieren kann?
Was ist der Kern dessen, was Sie an einer Leitungsaufgabe reizt?
Wie denken Sie, können Sie einen Konflikt mit einer Kollegin bestehen, die in einer ihr aufgetragenen Sache in der Verweigerung bleibt?
Was würden Sie sagen, sind Ihre persönlichen „Schätze“ die Ihnen dabei helfen, Mitarbeiter zu gewinnen und zu motivieren?
Was sind Ihre Pläne für die nächste und weitere Zukunft?
Leitung braucht Kontinuität. Können Sie sich vorstellen, sich diese Aufgabe längerfristig zur Aufgabe zu machen.
Besonders führungsfähige und risikobereite Erzieherinnen sind verantwortungsvoll und entscheidungsfreudig, am ehesten gehört und akzeptiert werden sie von den anderen, wenn sie im Vorfeld sic Stimmen und Stimmungen eingeholt haben, ehe sie zur „tat“ schreiten. Sie können sich in der Regel schwerer anpassen, wollen lieber selbst Vorgaben machen und im Mittelpunkt stehen. Manchmal können sie zu Ungeduld neigen oder auf ihrer Meinung beharren.
Konfliktfähigkeit
Konfliktfähige Erzieherinnen können in der Regel bewusst mit Konflikten umgehen, verstehen Konflikte mehr als Chance, denn als Behinderung. Sie sehen, dass Konflikte Motor für notwenige Veränderungen sein können. Sie können Konflikte wahrnehmen, haben ein Interesse daran, sie zu versprachlichen, sich aktiv an Konfliktlösungen zu beteiligen. Sie können aktiv ihre eigene Rolle im Konfliktfeld erkennen und konstruktiv durch Rollen- bzw. Verhaltenswechsel zur Befriedung oder Ausdifferenzierung beitragen. Sie können Kritik annehmen und konstruktiv kritisches Feedback geben. Sie unterstützen den Aufbau einer Fehlerkultur: aus jedem Fehler kann man neue Einsichten gewinnen.
Wenn Sie auf ihre berufliche und persönliche Biographie schauen, was haben Sie dort für einen Umgang mit Konflikten kennen gelernt?
Erinnern Sie sich an Konflikt- und Krisensituationen, die sie durchlebt haben und am Ende als gelöst empfunden haben?
Welche Lösungswege haben Sie dabei kennen gelernt?
Wie kam es zur Lösung?
Welche Rolle hatten Sie bei der Konfliktbewältigung?
Wie standfähig haben Sie sich im Spannungsfeld erlebt?
Empfinden Sie das Vorhandensein eines Konfliktes als Herausforderung, die Sie in die kraft bringt oder ist es eher so, dass sie zurückweichen und sich vor der Auseinandersetzung fürchten?
Sind Sie kompromissfähig?
Können Sie sich mit einem Ihnen abgerungenen Kompromiss anfreunden und ihn mittragen?
Können Sie in geäußerter Kritik zwischen Sachbotschaft und persönlichen Bewertungen unterscheiden und diese trennen?
Würden Sie folgende Aussage unterstützen: Gute Teams wissen, dass Konflikte not-wendig sind und dass eher die Lösungsform etwas über die Qualität von Teams aussagt?
Wie lassen sich unterschiedliche Interessen und Ziele vereinbaren und zusammen bringen?
Konfliktfähige Erzieherinnen haben den Fokus manchmal vielleicht mehr auf den Stimmungen und Beziehungen als auf den Inhalten, Zielen und Ergebnissen. Vielleicht schenken sie Störungen zu viel Aufmerksamkeit und verlieren den roten Faden dadurch aus dem Auge. Oder Sie können auch zu direkt und zu mächtig bezogen agieren.
Überzeugungs- und Durchsetzungsfähig
Durchsetzungs- und überzeugungsfähige Erzieherinnen haben klar umrissene Ziele, eine konkrete Vorstellung davon, wohin es gehen soll. Mit großem Ehrgeiz wollen sie diese erreichen, sie lassen sich nicht ablenken, suchen den geraden Weg, arbeiten schnell, hochkonzentriert und bleiben am Ball. Sie sind schnell, verzetteln sich kaum, bringen viele Ergebnisse, sind erfolgreich. Sie sind engagiert und motiviert.
Welchen Stellenwert hat in Ihrem Leben die Arbeit?
Haben Sie Hobbys?
Wie verbringen Sie Ihren Urlaub?
Können Sie auch mal abschalten?
Können Sie offene Themen aushalten, wenn Sie noch nicht entscheidungsreif sind
Können Sie Teamentscheidungen mittragen, die vielleicht nicht Ihren Vorstellungen entspricht?
Welche Instrumente haben Sie zur Verfügung, Verbindung zu den anderen herzustellen, wenn Sie diese verloren haben?
Können Sie sich weich mache, wenn Sie gemeinsam in einer Sackgasse stecken
Verstehen Sie sich als „lonesome rider“ oder können Sie sich zu den Anderen hin öffnen und um Hilfe bitten?
Verlieren Sie durch Ihre Zielgerichtetheit manchmal die Umsicht?
Unter Umständen entwickeln sie einen Scheuklappenblick, können notwendige Vor- und Zurückbewegungen, Umwege etc., nicht zulassen bzw. durchgehen lassen, schaffen ein Gefühl von Unfreiwilligkeit und Muss. Finden im schlimmsten Fall wenig Zeit für andere, sind zu sehr ausgerichtet, um sich für „Randlagen“ und scheinbaren Nebensächlichkeiten zu interessieren. Unter Umständen neigen sie zu Schnellschüssen und können Fehler nicht eingestehen, können von einem vorgenommenen Ziel nicht abweichen. Es fällt ihnen schwer, auf Unvorhergesehenes einzugehen.
Kontaktfähigkeit und Vernetzungsbereitschaft
Kontaktfähige und vernetzungsbereite Erzieherinnen haben gerne Kontakt mit anderen, gehen aktiv auf andere Menschen zu, sind gesprächsfreudig, lieben den Austausch, gleichen gerne ab, vernetzt sich, setzt sich aktiv für vielfältige Verbindungen und Beziehungen ein. Sie sind kooperationsbereit und kooperativ. Sie sind offen und unbefangen und tauschen sich gerne aus. Kommen in größeren Menschenzusammenhänge in ihre Kraft, genießen solche Situationen, bewegen sich darin wie ein Fisch im Wasser. Durch ihre vielfältigen Kontakte bereichern sie ihre Zusammenhänge mit Sichtweisen und Informationen von außen. Sie beleben nicht nur die Beziehungen, sondern regen auch die Arbeitsverhältnisse an und beleben sie. Im besten Fall speisen sie wichtige Impulse von außen ein, die weiterführen.
Wie leicht oder schwer fällt es Ihnen, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen?
Würden Sie sich eher als schüchtern oder eher als forsch im Kontakt bezeichnen?
Wie kommen Sie zu Informationen, lesen Sie Akten oder reden Sie mit den Menschen?
Wie stellen Sie Kontakt zu anderen her?
Wann fühlen Sie sich im Kontakt wohl und wann nicht?
Können Sie selbst zu guten Bedingungen für Kontakt beitragen?
Können Sie Berufliches und Privates trennen?
Können Sie Menschen für eine Sache gewinnen, notwendige Netzwerke aufbauen, um Ziele zu verwirklichen oder um Austausch zu gewährleisten?
Können Sie Ihren Gesprächsbedarf auch alltagspraktisch begrenzen?
Lassen Sie sich in Netzwerke anderer einbinden?
Was zeichnet Ihrer Meinung nach guten Kontakt im Team, mit dem träger, mit den Eltern, mit den Kindern aus?
Manchmal tun sie sich schwer, buchhalterische und andere nicht bezogene Aufgaben zu erledigen. Tratschen vielleicht lieber mit den Eltern, als verwaltungstechnische oder administrative Tätigkeiten abzuarbeiten. Verlieren im Austausch eventuell die Zielrichtung. Schwimmen im schlimmsten Fall selbstvergessen auf der Welle des bezogenen Wohlfühlens. Möglicherweise verschwimmt das private und berufliche, es kommt zu Fraternisierungen, statt notwendige Grenzen zu wahren.
Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit
Teamfähige, kooperative und anpassungsfähige Erzieherinnen beziehen sich auf Beiträge anderer, sind hellhörig für die Botschaften anderer, können überhaupt gut zuhören und fragen nach. Sie wollen die beteiligten Kräfte zusammen führen, harmonisieren. Sie bringen eigene Ideen en, können sich aber auch für das Ganze zurücknehmen. Sie setzen sich für andere ein, tun viel für die Funktionsfähigkeit des Teams. Sie sind loyal, wollen nicht die Machtfrage stellen, sondern eher positiv zuarbeiten. Sie sprechen wichtige fragen mit dem Team ab, wollen sich rückbinden, können auch eigenverantwortlich für etwas einstehen, brauchen aber den regelmäßigen Austausch. Die Beziehungsebene wird deutlich wahrgenommen, sie haben hohe Kooperationsbereitschaft, sind anpassungsfähig und tragen zu guter Stimmung bei.
Wie würden Sie gute Teamarbeit beschreiben?
Was ist Ihnen atmosphärisch wichtig, damit Sie sich wohlfühlen?
Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Teamarbeit gemacht?
Was ist Ihrer Erfahrung nach eher schwierig in Teams?
Wie weit können Sie sich für das Ganze verbiegen und wo sind die nicht verschiebbaren Koordinaten?
Ab wann wird Anpassung ungesund?
Darf man als Teammitglied auch einmal „sperrig“ ein?
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie die Rolle des Bremsers oder des Übergenauen in einer Sache einnehme, wenn Sie den Anderen mit Ihrer Haltung „im Weg stehen“?
Darf Individualität im Team sein? Wie viel Gemeinschaft und Kooperation braucht ein Team?
Im schlimmsten Fall machen sie sich abhängig von der Meinung anderer und machen sich zu stark abhängig von der Bewertung durch andere. Sie wollen dann gefallen und sind wenig entscheidungsfreudig aus eigenem Stand. Sie holen auch in persönlichen Einzelfragen die Erlaubnis ein durch die anderen Teammitglieder.
F. Baustein VI Methoden Kompetenz:
Kommunikationsfähigkeit. Interaktionsfähigkeit und Rhetorische Fähigkeiten
Kommunikative, interaktive und rhetorisch geschickte Erzieherinnen können eigene Erwartungen, Befindlichkeiten und Ziele formulieren und situationsgerecht kommunizieren. Sie können nonverbale, wie auch verbale Signale verstehen und interpretieren. Ihre hohe Kommunikationsfähigkeit zeigt sich darin, dass sie den Kommunikationsfluss bzw. die zu übermittelnden Botschaften zwischen Sender und Empfänger bewusst und professionell gestalten können. Sie können nicht nur kommunizieren, sondern sie kommunizieren in der Regel auch gern. Sie sind den stattfindenden Beziehungsprozessen nicht ausgeliefert, sondern können ihnen Richtung geben. Sie können Beklemmungen und Hemmungen verflüssigen, versprachlichen und in eine gemeinsame Bewegung bringen. Sie haben Ahnung von Gesprächs- und Fragetechniken. Sie haben ein Bewusstsein für selbst- und Fremdwahrnehmung. Ganz bewusst arbeiten sie mit den Instrumenten des Feedbacks. Aufgrund ihrer hohen Kommunikationsfähigkeit, fällt es ihnen leichter, Konfliktspitzen abzufedern und zu Lösungen zu führen. Sie können dazu beitragen, dass Missverständnisse aufgeklärt werden. Sie tragen durch Ihre Fähigkeit zu einer konstruktiven Kommunikationskultur bei.
Was sind Ihrer Meinung nach die wesentlichen Kriterien, die gute Kommunikation ausmachen?
Können Sie Ihre inneren Gedanken- und Gefühlsprozesse wahrnehmen und anderen auch verständlich mitteilen?
Können Sie Brücken bauen zwischen sprachlichen Ebenen und Unterschiedlichkeiten?
Wie gewinnen Sie einen Menschen für eine Sache?
Wie kommen Sie mit ihm über Wesentliches und Notwendiges ins Gespräch?
Wir gut gelingt es Ihnen die Kommunikation mit den Eltern in guter Weise zu gestalten?
Können Sie Sinnzusammenhänge plastisch darstellen?
Können Sie wertebildend kommunizieren?
Können Sie überzeugen und für eine Sache gewinnen
Können Sie schlichten und versöhnen?
Können Sie hilfreiche Kommunikationsrituale und –strukturen einfädeln und auf deren Einhaltung achten?
Die Schattenseite ist vielleicht darin zu finden, dass wenig ausgehalten werden kann und zu viel versprachlicht werden muss. Konzeptionelles Arbeiten, braucht auch mal den Schreibtisch und das stille „zu sich kommen“. Den Wunsch nach Nichtkommunikation nicht stehen lassen können. Konzentrierter Selbstbezug ist Voraussetzung für gelingende Kommunikation, daran kann es fehlen. Zu viel Diplomatie in der Kommunikation wird oft als unecht empfunden, geradeheraus ist auch mal wichtig, wie einem „der Schnabel gewachsen ist“.
"Vielrednerei" oder Verwenden von Worthülsen deuten eher auf wenig ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit hin.
Didaktische Fähigkeit, Lehrkompetenz, Vermittlungsfähigkeit und Präsentation
Vermittlungsstarke Erzieherinnen können zielgruppengenau Inhalte prägnant, strukturiert und verständlich vermitteln. Sie haben eine Hand für überschaubare und einleuchtende Präsentation. Sie können neugierig machen auf inhaltliches Weiterkommen und Gruppenprozesse steuern. Sie wissen die technischen Instrumente für Ihre Darlegungen nutzbar zu machen. Sie ermöglichen nachhaltiges Lernen und Erschließen von Inhalten, das zum eigenständigen Weiterdenken einlädt.
Konzentrieren sich auf das Wesentliche und können trotzdem auf die Gruppenbewegungen eingehen. Sind daran interessiert, sich selbst weiter zu bilden, um auf dem neuesten Stand zu sein. Wollen die zu präsentierenden Inhalte selbst durchdrungen haben.
Was sind wichtige zu erfüllende Bedingungen bei der Vermittlung von Inhalten?
Wie kann ich die Aufmerksamkeit der Zuhörer/innen gewinnen?
Wie kann ich schwierige Sachverhalte auf verstehbare Inhalte herunter brechen?
Wie gelingt mir der Transfer zwischen vermitteltem Wissen und möglichen Umsetzungsimpulsen?
Wie kann ich mir einen roten Faden schaffen und diesen auch den Zuhörern/innen sichtbar machen?
Wie lässt sich das auf die Arbeit mit den Kindern übertragen und was muss dort anders gestaltet oder angelegt werden?
Vermittlungsstarke Erzieherinnen gestalten die Vorbereitung vielleicht zu zeitaufwändig. Unter Umständen wollen Sie alle Eventualitäten im Vorhinein abwägen und berücksichtig wissen. Verlieren das wichtige dafür aus dem Auge. Vergessen Ihre Intention in Bezug auf Ihr Publikum. Vielleicht legen sie ihren Schwerpunkt zu sehr auf didaktische Fragen und sie vergessen das prozessuale Entwickeln unter aktiver Einbeziehung des Publikums.
Organisatorische Fähigkeiten
Organisatorisch gut aufgestellte Erzieherinnen können komplexe Sachverhalte gut strukturieren, Aufgaben planen, Prioritäten setzen, Zeit und Ressourcen abschätzen. Sie haben eine gut ausgebildete Selbstorganisationsfähigkeit. Sie gehen Schritt für Schritt vor, können sich entsprechend notwendige Informationen beschaffen. Sie sind umsetzungsorientiert, haben den Blick auf die ganze Organisation und berücksichtigen die Zusammenhänge. Sie sind gute Planerinnen, meist gewissenhaft und umsichtig, aber besonders auch sorgfältig.
Wie schaffen Sie sich einen ersten Überblick über die bestehenden Organisationselemente und Strukturen?
Wie würden Sie Ihren neuen Aufgabenbereich ordnen?
Können Sie sich in bereits vorhandene Strukturen und Organisationswege einfinden? Was ist bei der Umstrukturierung bzw. Neustrukturierung zu beachten?
Wie behalten Sie den Überblick über unerledigte Aufgaben und wie halten Sie die Gesamtschau auf Ihrem inneren Bildschirm?
In welcher Weise können Sie Mitarbeiter dafür gewinnen, die eingeführten Strukturen auch dauerhaft mitzutragen?
Was machen Sie, wenn Sie den selbst gesetzten Organisationswegen ständig hinterherhinken und mit der Nacharbeit nicht hinterher kommen?
Wie finden Sie zu einer brauchbaren Gewichtung Ihrer Strukturierungselemente? Prüfen Sie ihre Organisation auf Sinn und Anwendbarkeit?
Wie haben Sie den Aufbau Ihrer Jahresarbeit in den einzelnen Schritten angelegt und wie sind Sie letztendlich vorgegangen?
Nachteil könnte sein, dass sie sich eher ausführend verhalten, auf den einmal eingespielten Wegen bleiben, wenig hinterfragen und es an Flexibilität, Kreativität und Innovationsfreude mangeln lassen.
Bestehen auf bestimmten Organisationsabläufen kann eine versteckte Machtfrage beherbergen.
Abschließende Bemerkungen
Wir haben nun den Mut „mittendrin“ mit unserer Betrachtung aufzuhören und ihr ein Ende zu setzen, weil wir sicher sind, dass Sie die restlichen Kompetenzbausteine selbst mit Fragen auffüllen können. Wichtig war uns in exemplarischer Weise aufzuzeigen, wie Fragen so angelegt werden können, dass sie in Gedankenentwicklungsprozesse bei unserem Gegenüber münden und wir so einen Eindruck davon bekommen, in welcher Weise er/sie „funktioniert“, welche Wege er/sie beim Nachdenken beschreitet. Ob er oder sie fähig ist zu kombinieren, Sondersituationen kreativ zu lösen, zu kommunizieren, innere Prozesse zu vermitteln. Ob er/sie in der Lage ist Sonnen- und Schattenseiten seiner Persönlichkeit gleichwertig nebeneinander stehen zu lassen, sie in guter Weise miteinander zu verbinden und echte Lücken auch als solche zu markieren, um auf die Kooperation mit den Kollegen/innen zu setzen. Das Erarbeiten und Abstimmen eines solchen Fragekatalogs ist im Grunde auch eine große Chance für das bestehende Team. Es können sich auf diesem Wege neue Teamentwicklungsthemen ergeben und später weiter verfolgt werden.
Wenn Sie das Ganze noch etwas vertiefen wollen, bereiten Sie echte Fallbeispiele und Simulationssituationen aus der Praxis vor und erfragen Sie von den Bewerbern/innen, wie sie mit dieser Situation umgehen würden. Welche Art von Beziehungsangebot angebracht wäre, was vielleicht weiterhelfen würde, was ein hilfreiches Vorgehen ausmachen würde etc. In solchen Falldarstellungen wird sichtbar, welche Art von Verantwortung eine Kollegin übernimmt, wie viel Verantwortung sie beim Kind lässt, ob sie unterschiedliche Zugangswege zum Kind kennt und ob sie Wege vorbahnen kann, die beim Kind als Einladung ankommen. Ist die Wahl getroffen, müssen Sie sich doch auf die Kollegin verlassen können, sie füllt dann einige Bausteine ihres Teamgesamtarrangements aus und Sie selbst stehen nicht nur für sich, sondern auch für sie vor den Eltern und anderen Besuchern von außen ein. Je tragfähiger und verlässlicher sie ihren Platz ausfüllen kann, desto entlastender wird sich das auf sie auswirken. Es kann Ihnen also unmöglich egal sein. An dieser Stelle sei auch einmal erlaubt, den Blick auf die Gesundheitsressourcen der Kollegin zu richten. Wie oft war sie im letzten oder auch im vorletzten Jahr krank? Wie reagiert sie auf Stress- und Überforderungssituationen? Ist sie bereit in schwierigen Ausnahmesituationen auch einmal außer der Reihe einzuspringen? Trennt sie berufliches und privates so stark, dass man sie außerhalb der Einrichtung gar nicht behelligen darf? Verstehen Sie uns jetzt bitte nicht falsch. Wir wollen sie nicht noch effektiver machen. Selbstverständlich ist es Aufgabe der Politik und auch des einzelnen Trägers Arbeitsverhältnisse so zu gestalten und anzulegen, dass sie auch gut ausgefüllt und erfüllt werden können. Aber Sie wissen selbst, in jedem noch so gut vorausgedachten Alltag mit noch so viel gut organisierten Ressourcen können sich unvorhersehbare Dinge ereignen, die dann das Zusammenhalten aller Beteiligten erforderlich machen. Hier zum Abschluss noch ein paar überlegenswerte Blitzlichter: Zuverlässige Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Aufgabe sehr sorgfältig und gewissenhaft verfolgen. Sehr zuverlässige, strukturiert und organisiert arbeitende Menschen sind oft nicht in gleichem Maße flexibel und initiativ. Besonders kreative Menschen zeichnen sich oft durch unkonventionelles Vorgehen und Spontaneität aus. Besonders kreative Menschen sind daher meist nicht in gleichem Maße strukturiert in ihrer Vorgehensweise und in ihren organisatorischen Fähigkeiten. "Überzogen" selbstbewusste Menschen sind überzeugt von sich und ihren Leistungen. Das kann verbunden sein mit der fehlenden Bereitschaft, sich selbst zu hinterfragen und auf andere einzugehen. Das Einfühlungsvermögen und die Teamfähigkeit können bei sehr selbstbewussten Menschen wenig ausgeprägt sein. Besonders zielstrebige Menschen sind sehr auf ein zu erreichendes Ergebnis konzentriert und meist nicht in gleich hohem Maße an der Zusammenarbeit im Team orientiert. Sehr zielstrebige Einzelkämpfer/innen können die Vorteile der Teamarbeit nicht sehen. Fragen Sie Bewerber/innen nach ihren Wünschen. Fragen Sie danach, was sie bei Kollegen/innen oder Führungskräften schätzen. Das zeigt, worauf die Bewerber/innen selbst Wert legen, worauf es ihnen ankommt. Wenn Sie Entscheidungsfähigkeit überprüfen möchten, stellen Sie Simulationsfragen – also z. B. „Wie würden Sie in folgender Situation vorgehen?“ oder „Wie würden Sie mit der Aufgabenstellung X umgehen?“. Achten Sie bei der Antwort darauf, ob jemand sich festlegt, Position bezieht oder „alles offen lässt“. Wenn Sie Lösungsmöglichkeiten erfragen wollen, hinterfragen Sie die von der/dem Bewerber/in angebotene Lösung. Fragen Sie nach Beweggründen für Entscheidungen! Achten Sie bei Aufgabenstellungen und Lösungsangeboten mehr auf die Lösungs- und Entscheidungsprozesse, auf die Argumente, die Kreativität, die Konzentration, das Bemühen und den Ideenreichtum! Fragen Sie bei allen Beschreibungen und Beispielen so lange nach, bis sie die Situation und die/den Bewerber/in „einer dritten Person“ vorstellen könnten. Sie sollen ein klares, beschreibbares Bild von dem Kandidaten/der Kandidatin haben und nicht nur eine ungefähre Vorstellung! Bleiben Sie bei all dem großzügig, dort wo es um Menschen geht, darf es auch menscheln. Aber wofür Sie sich sehenden Auges entscheiden, können Sie nachher auch leichter mittragen, wenn es erforderlich sein sollte. Und vergessen Sie bei all dem nie: Im Mittelpunkt allen pädagogischen Handelns steht immer das Wohl des Kindes! Aus der Arbeit am Kind ergibt sich Ihr Auftrag. Wir beide, Jasmin Hasslinger und Joachim Armbrust, die Autoren dieses Aufsatzes, jedenfalls wünschen Ihnen viel schöpferische Gestaltungsfreude, viel tragenden Grund und ein gutes Miteinander im Team und eine glückliche Hand bei Ihrer Wahl!
15. Februar 2021 / Joachim Armbrust / Kita-Leitung
Annäherungen an gelebte Wirklichkeiten kindlicher Angst
„Angst klopft an, Vertrauen macht auf, keiner ist da!“
Gelingt es uns Erwachsenen einen Vertrauensraum für das einzelne uns anvertraute Kind zu halten, fühlt es sich sicher und aufgehoben. Zu diesem Vertrauensraum gehört, dem Kind seine Reife- und Entwicklungsphasen zu lassen, für es da zu sein, es zu halten, wenn es uns braucht, wenn es mit sich selbst, seinen Bedürfnissen, seinen Stimmungen kämpft und versucht, sich als kleiner Organismus im Gleichgewicht zu halten. Es braucht auch, dass wir liebende Blicke auf es richten und es damit in seinem Da-Sein bestätigen, um es von dorther mit Mitgefühl und Zuversicht zu berühren und ihm Mut zuzusprechen. Denn jedes gewagte Leben braucht von Anbeginn auch das, was wir Mut nennen. Jeder Schritt ins Leben braucht ein Sichtrauen, ein Darauf-zugehen und ein Sich-zutrauen, damit wir es bestehen können. Deshalb möchte ich diesen kleinen Aufsatz über Kinderängste mit der Frage nach unseren Qualitäten zum Thema Vertrauen beginnen.
I. Einstieg über das Thema Vertrauen
Wie fühlt sich Vertrauen in mir an?
Woran erkenne ich, dass ich im Vertrauen bin oder nicht? Wie fühlt sich das im eigenen Körper an? - Nur, wenn ich das weiß und Erfahrungen damit gemacht habe, kann mein Körper Seismograph für mich und das mir anvertraute Kind sein, im Hinblick auf die Qualität von Vertrauensbildung und von Vertrauensräumen. Vertrauen hat mit gefühlter Entspannung, mit gefühlter Freude zu tun und damit, dass ich mich gehalten und zuhause fühle, dass ich mich verbunden, „in Verbindung“, fühle, dass ich mir zutraue das Leben, den nächsten Schritt, zu meistern. Wenn ich nicht im Vertrauen bin, fühle ich mich erfüllt von Ängsten und Sorgen, ziehe mich zurück, igele mich ein und verenge so meinen eigenen Raum, entstehen in mir zukunftsbezogene Zweifel, wehre ich mich dagegen, dass alte Schmerzen sich wiederbeleben können, empfinde ich das Leben als anstrengend, mühsam, es geht nicht mehr von allein, ich muss alles „mit dem Willen zusammenhalten“.
Das ungeborene Kind empfindet den Mutterleib in der Regel als einen hinreichend guten und ausreichenden Lebens- und Vertrauensraum.
Ausschließlich das stetige Wachstum macht es notwendig, die vertraute Welt gegen eine gefühlte „Nicht-Welt“ einzutauschen. Eine Welt von der das Ungeborene noch gar nicht weiß, ob es darin existieren kann. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das in der Lage ist, mit Bewusstsein das Hinausgestoßen werden in eine fremde Welt zu verwandeln in ein erneutes Vertraut sein und verbeheimatet werden. In den primärsphärischen, feinstofflichen Zwischenräumen von sich entwickelnder Mutter-Kind-Beziehung gestaltet sich ein Miteinander heraus, das für beide Seiten mehr als erträglich ist, wenn es gut läuft. Auf dieser Basis kann sich neues Vertrauen bilden und Lebensbejahung zur Grundlage werden oder eben auch das Gegenteil geschehen.
Evolutionsgeschichtliche Hintergründe
Sowohl in der Tierwelt als auch in der Menschenwelt hat es sich in der Vergangenheit als nützlich erwiesen, in Tuchfühlung mit dem Nachwuchs zu bleiben und sich auch in der Nähe der „Herde“ aufzuhalten, um sich darin unsichtbar zu machen und sich damit einem möglichen „Bedroher“ zu entziehen. Kein Wunder also, dass sich Mütter und Väter oftmals schwer tun, ihre Kinder in fremde Hände zu geben…. Sie wollen wissen: „Auf welcher Wertegrundlage arbeitet die Krippe? Sind die Mitarbeiter authentisch? Würden Sie mich im Zweifelsfalle über Vorfälle unter- richten? Kann ich mich auf Sie verlassen? Können Sie es wertschätzen, dass ich aus der zweiten Reihe meine Elternverantwortung wahrnehme und Verbindung halte, zu dem, was in der Krippe geschieht und wie mein Kind das verarbeitet?“
Die Krippe als Vorübungsraum zur Einfädelung in die Gesellschaftskultur mit ihren Abläufen, Ansprüchen und Herausforderungen
Hat sich im familiären, primärsphärischen Erarbeiten von tragenden Beziehungen, im Vorausahnen von akzeptablen Beziehungsantworten, die Verstandensein zur Folge haben, erst einmal Vertrauen als verlässliche Grundhaltung etabliert, ist ein guter Humus dafür geschaffen, sich von der vertraut gewordenen „Zweit-Welt“ wieder in eine neue „Noch-Nicht-Welt“ hinein zu wagen, nämlich die Kinderkrippe. Aufgabe der Erzieher und des Kindes ist es nun, die intimsphärischen Erfahrungen auf den größeren Zusammenhang der Kinderkrippe übertragen zu lernen, so dass auch dort wieder und erneut ein Boden von Vertrauen sich bilden und wachsen kann…. Am Ende der Krippenzeit könnte so ein dem Alter gemäßes, selbstbewusstes Kind stehen, das seinen Platz in der Krippe, im Kreise der anderen Kinder, gefunden hat - und dem es auch gelungen ist, sich den Wohlfühl- und Werterahmen der Krippe zu eigen zu machen und diesen damit auch auf selbstverständliche Weise in die Zukunft des nächsten Tages hinein mit vorauszudenken und damit den Rahmen insgesamt mitzutragen.
Krippenkinder wollen nicht verwaltet werden, sondern gehalten sein, begleitet, angeregt, beruhigt und verstanden werden. Sie brauchen Trost und Verständnis für das frühe Verlassen der Sicherheit gebenden Bindung, die sie mit der Mutter, even- tuell auch mit dem Vater eingegangen sind. Sie wollen in ihrem Wesen, ja in Ihrem grundlegenden Sein, gespiegelt und bestätigt werden und damit sich selbst als etwas aus sich heraus Bestehendes erfahren, auch dann, wenn sie diskontinuierliche Erfahrungen machen. Sie wollen sich ganz persönlich bezogen von Angesicht zu Angesicht, von Haut zu Haut verbeheimaten, ankommen in der Welt da draußen, außerhalb der Mutter und darin Halt finden, sich wohl und aufgehoben fühlen. Sie wollen mit dem Gegenüber klingen und sich immer wieder in einem gemeinsamen Ton einfinden, der sie über die Zeit hinaus trägt und das verursacht, was wir Vertrauen nennen. Sie wollen keinesfalls, wenn sie weder krabbeln noch laufen können in diese Noch-Nicht-Welt dort draußen außerhalb der Mutter hineingeworfen werden. Ja, es stimmt: In uns allen gibt es eine Kraft, die über das schon Vertraute hinaus, sich die Welt erschließen will und das Noch-Nicht-Vertraute in ein Vertrautes umwandeln will. Doch dafür braucht es den rechten Zeitpunkt, ein geduldiges großräumiges und warmherzig begleitetes Dorthin-Reifen durch eine nahestehende Bezugsperson, die mitfühlend diesen Übergang begleitet und solange zur Verfügung steht, bis diese neue Welt genügend kontinuierliche Vertrautheit ausstrahlt und sozusagen, das kleine Kind in dem neuen Milieu „trägt“.
Neben diesem ganz praktisch fühlbaren Beziehungsraum gibt es nun aber in jeder Einrichtung vordergründig den ordnungspolitisch wirkenden großen Raum, der auf verwaltungstechnischer Inhaltsebene basiert und der mit den Bedürfnissen des Kindes zunächst nur wenig zu tun hat. Der will und muss neue Strukturen schaffen, weil die alten Familienformen nicht mehr tragen und die gesellschaftliche Notwendig- keit besteht, dass Männer und Frauen nicht nur arbeiten können und dürfen, sondern möglichst auch sollten oder gar müssen. Wohin also können Kleinfamilien Ihren Nachwuchs abgeben, damit beide Eltern arbeitsfähig werden bzw. sind? Jedem Kind einen Krippenplatz, ist ein Apell, der aus dem ordnungspolitischen Strukturansatz gesprochen wird und in Unterbringungsräumen denkt, ohne die emotionale und soziale Färbung dabei klingend mitzutransportieren. Er setzt einen Personalschlüssel fest, von dem jede/r weiß, dass er sich nie erfüllt, denn ständig sind Kolleginnen im Urlaub, krank oder auf Fortbildung. 20-25% des vorgegebenen Schlüssels glänzen meist - vollkommen ohne eigenes Verschulden - durch Abwesenheit.
Der ordnungspolitisch vorgegebene Raum bestimmt im schlechtesten Fall eine Bezugsbetreuerin, die 4 Wochen später Urlaub hat oder krank geschrieben ist und das Kind in einem „Un-Raum“ zurücklässt, der nicht wirklich aufgefangen werden kann, jedenfalls nicht, ohne, dass das Kind innerlich ins Schwimmen gerät und den Boden unter den Füßen verliert, der sowieso noch nicht richtig trägt…
In der Mikrosphärologie des Kleinräumig-Familialen ging/geht es jedoch um die zartwandigen Kleinwelten, die mit Mutter-Kind-Verbundenheit, Paarverbundenheit, symbiotischer Partizipation und intimer Resonanz zu tun haben. Sie sind als erfüllte Rundungen und schwangere Räume vorzustellen und nicht als geometrische Formen und Ordnungsstrukturen. Solcherart positive Heimat- und Familiengefühle sind jedoch zu einer knappen Ressource geworden. Die Ausgangspunkte für positive, schöpferische Übertragungen familialer Erfahrung von Aufgehoben sein und vertrauensvoller Beziehung sind bereits kompromittiert, schon die Symbiosen sind kontaminiert, die familialen Schutzräume, die Vertrautheitsbiotope schrumpfen. Und wo diese fehlen, gibt es auch keine Grundlage bzw. Grunderfahrung von Bezogen- sein, das trägt. Wie soll das kleine Kind etwas ins Größere übersetzen, wenn es dasselbe im Kleineren nicht erlebt hat….?! Das macht Kindern Angst.
Zu mir kommen Mütter in Beratung, die noch bevor ihr Kind auf der Welt ist, bereits wissen, wann sie wieder arbeiten werden. Sie haben noch keine Erfahrung mit ihrem Kind, wissen noch nicht, wie es auf bestimmte Dinge reagiert, wann es blockiert, wann es sich freut und haben doch schon festgesetzt, wann die Brechung der gemeinsamen, als Kontinuität erlebten Dyade beginnt…. Sie haben eine erste große Diskontinuität bereits vorausgeplant.
Ich begleite Mütter, keine Einzelfälle übrigens, die die Zeit allein mit ihrem Kind nicht füllen können, die Angst haben vor diesem selbst zu gestaltenden Raum und die ihre Angst in die Sorge verschieben, sie könnten ihr Kind töten.
Oder Mütter, die keinen Platz haben für ein Kind in ihrem Leben und nicht verstehen, warum keines kommt, wo sie es sich doch so sehnlich wünschen. Oder ich begleite Mütter, die 20 Jahre hoch identifiziert gearbeitet haben und die ohne Durchatmen und ohne inneres Loslassen dieses Lebensabschnitts in das Mutter werden hineinstolpern und die nicht selten 1-2 Jahre Erfahrung mit dem Kind benötigen, um zu bemerken, dass man mit einem Kind nicht nach Prinzipien der Arbeitswelt umgehen kann… Verstehen Sie bitte diese Beispiele nicht als entwertende Kommentare, sondern als mitfühlende Beobachtungen, die auch mich immer wieder ratlos machen.
Wenn ein hinreichend gut gehaltenes Kind und eine hinreichend gute Mutter in einer hinreichend stützenden Welt eine nicht allzu gestörte Dyade bilden, in der sie sich persönlich entdecken und miteinander, sozusagen gemeinsam, entwickeln können, dann lässt sich hinreichend gut darauf bauen, dass die Dyade in eine nächsthöhere Ebene von Entwicklung führen kann und sich öffnen lernt für andere Menschen oder Menschengruppen und die gute Erfahrung aus der Dyade übertragen werden kann auf das neue Milieu. Im besten Fall gehen sie von hier aus auf die nächsthöhere Ebene und zeigen, wie das Ende der dyadischen Struktur in einem größeren Format „aufgehoben“ werden kann und dort auf seine Art seine Entsprechung im Sinne von Angstfreiheit und Sicherheit finden kann. Was ich zeigen will, ist, wie ein Neugebo- renes, dieser ehemalige Schützling seiner Placenta zum Symbionten seiner Mutter oder Pflegeperson wird, wie aus dem Säugling das Kleinkind in Resonanzen mit seiner kleinen Welt wird, wie dann durch Sozialisation die Teilhabe an einem größeren Kulturkörper (z.B. Krippe) und einem regionalen Territorium erworben wird. Es lohnt sich, die Grundlagen für das Zusammenhängen und Füreinander-Einstehen- Können von Menschen in einem gemeinsamen Werte- und Empfindungsraum zu durchdenken. Wie organisiert das Leben seine (gesellschaftliche) Kontinuität in größere Beziehungsräume hinein, ohne dass die Qualitäten des primärsphärischen verloren gehen? Gehen sie verloren, entsteht Existenz- und Vernichtungsangst.
Wer über Kinderängste von Kleinkindern im Krippenalter reden will, kann das also unmöglich tun, ohne den Bezugsrahmen zu betrachten. Aus der Praxis weiß ich einfach, dass eine Unterbringung in der Krippe nicht das Gleiche sein kann, wie die verlässliche Nähe der Mutter/des Vaters. Auch wenn sie durchaus zu einem Hort der Geborgenheit und der Freude werden kann. Diese These möchte ich gerne an einigen Beispielen untermauern.
III. Beschreibungen aus der Praxis
Eine Kindheitspädagogin, die in einer Kinderkrippe in Freiburg arbeitet und Kinder von einem halben Jahr bis zu eineinhalb Jahren betreut, hat es einmal so beschrieben: „Eine Mutter denkt ihr Kind in ihr ganzes Leben hinein. Das Kind ist - bewusst gedacht oder auch nur unbewusst dazu gestellt - in ihrer ganzen vorausgedachten und vorausgeträumten Lebenslandkarte immer mit dabei, ob gerne oder ungerne spielt dabei eine Rolle, aber zunächst eine untergeordnete. Ich als Erzieherin liebe natürlich die kleinen Wesen, ich weiß aber ganz genau, in einem Jahr muss ich sie wieder abgeben, muss mich von ihnen wieder verabschieden. Natürlich lasse ich mich auf sie ein, aber ich bin auch vorsichtig, habe meine inneren Grenzen, weil ich die Kinder ja bald wieder loslassen muss und dann auch ohne sie im Guten weiterleben will.“ Mehrere ihrer Kolleginnen ermahnten sie immer wieder, sie solle die Kinder (die Babys) nicht zu sehr verwöhnen. Eine andere Fachkollegin schilderte mir einmal den Ablauf einer Eingewöhnung: „Eine Kollegin übernahm 14 Tage die Eingewöhnung eines „neuen Kindes“, die auch gut verlief. Mutter und Kind fassten Vertrauen, wiederkehrende Rituale und Beziehungsangebote führten zu einer ersten Verbeheimatung und wurden in ein erstes Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit umgewandelt, der erste Sprung war geschafft - und dann nahm die Bezugserzieherin ihren dreiwöchigen Jahresurlaub.“
Jede herzenskluge Erzieherin wird sagen, das geht gar nicht, trotzdem kommt so etwas vor. Und nehmen wir einmal an, es handelt sich nicht um Urlaub, sondern um Krankheit, dann ist ein solches Erlebnis nicht vermeidbar. Eine Mutter jedoch ist für ihr Kind immer da, auch wenn sie krank ist. Was will ich mit meinen Ausführungen ausdrücken? Keinesfalls, dass Einrichtungen schlecht sind, aber schon, dass es Einrichtungen sind und dass die Einrichtung dem Kind einen ganz bestimmten Rahmen zur Verfügung stellt. Und wie wichtig es ist, die Eltern in ihrer Rolle, wo es geht, zu stärken und zu unterstützen, denn wir können ihre elterliche Aufgabe in der Krippe nicht in dieser Ganzheit und Vollständigkeit übernehmen. Das gibt dem Kind ein Gefühl von Sicherheit.
In einer anderen Gemeinde bekam ich mit, wie gründlich und sorgfältig die Eingewöhnung vorbereitet wurde und wie gut sie gelang. In der gleichen Gemeinde gab es allerdings eine Garantie auf einen Platz über das ganze Jahr. Wenn also eine Einrichtung für einige Zeit zumachte, wurden die Kinder auf andere Einrichtungen verteilt. Einjährige Kinder oder noch jüngere, sahen sich so ohne Vorbereitung plötzlich einer völlig fremden Umgebung und fremden Menschen ausgesetzt. Eine wache Kollegin stellte daraufhin fest, dass es sogar Kinder gibt, die das ganze Jahr gebracht werden ohne Verschnaufpause und sie appellierte an den Träger, ebenso jedem Kind, so wie es jedem Erwachsenen auch zusteht, einmal für drei oder vier Wochen im Jahr Urlaub von der Einrichtung zu verschreiben. Keine Verschnaufpause zu haben, nimmt die Möglichkeit, sich zu erholen, führt zu Stress und schafft so einen Boden für Ängste.
Mit Erzieherinnen von vier Krippeneinrichtungen habe ich einen Fortbildungs- tag zum Thema Kinderängste bei Kleinkindern gestaltet. Da gab es einige, die glaubten, eine Erzieherin dürfe die Kinder weder auf den Schoß nehmen, noch sich von ihnen küssen lassen, weil sie damit in Konkurrenz zur Rolle der Mutter gehen. Außerdem wollten sie nicht in die Gefahr geraten, dass man ihnen Missbräuchlichkeit im Umgang mit den Kindern unterstellen könnte. Sie hatten ganz eindeutig Angst vor den Gefühlen und Reaktionen der Eltern und der Öffentlichkeit. Wir hatten eine heftige Diskussion darüber, was für Bedürf- nisse Kleinkinder haben und auch darüber, inwieweit sie schon die Welt mit erwachsenen Augen sehen können. Ich klärte darüber auf, dass Kleinkinder nicht zwischen öffentlichem und privatem/familiären Raum unterscheiden können und dass sie dort, wo sie sich vertraut und aufgehoben fühlen, sich einfach anvertrauen und sich das holen und sich mit dem verbinden, was ihr Bedürfnis ist. Natürlich wird dadurch eine Person, die den ganzen Tag Bezugsperson für sie ist, zu einer besonderen Person, die vielleicht sogar in manchen Fällen als näher und vertrauter als die Mutter erlebt wird. In einer anderen Einrichtung kam man auf die Idee, eine Bezugsbetreuung erst gar nicht aufzubauen, damit es die Kolleginnen nicht so schwer haben, wenn die Bezugsbetreuung krank werden sollte. Hier wurde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Etwas für das Kind reifungsnotwendiges wurde unter- bunden, um sich selbst Arbeit zu ersparen. Menschlich nachvollziehbar, vom Kind her betrachtet sicher zu kurz gedacht.
In einer großen Kindertagesstätte, die ich über längere Zeit als Supervisor begleitete, gab es eine offene Gruppe von 1- 6 jährigen Kindern. Für diese Gruppe waren eigentlich 8 Fachkräfte vorgesehen. Über einen nicht kleinen, sondern fast schon erschreckend alltäglichen Zeitraum durfte ich begleiten, wie eine auf 3 Erzieherinnen geschrumpfte Gruppe versuchte, den Rahmen und den Raum für die Kinder zu halten. In persönlichen Teamgesprächen drückten die Mitarbeiterinnen ihre Verzweiflung aus. Der Spagat, zwischen Wirklichkeit und Wunschbild ist zu weit auseinandergeraten. Sie bezeich- neten das, was sie leisteten als unbefriedigende Notversorgung, für die Sie Ihren Beruf nicht gelernt hätten. Sie kämen gar nicht zu dem, was Ihnen an ihrem Beruf Spaß machen würde.
Warum all diese Situationsbeschreibungen?
Je kindfremder wir uns als begleitende Bezugspersonen oder als Einrichtung, die Rahmenbedingungen vorhält, verhalten, desto verunsicherter, unglücklicher und ängstlicher ist ein Kind und drückt das auch aus, ganz direkt durch Weinen oder indirekt durch entstehende Beziehungsstörungen, die dazu führen, dass sich das Kind nicht mehr führen lässt, nicht mehr erreichbar für uns ist, sich verschließt, uns nicht mehr vertraut usw.. Deshalb ist es mir wichtig, den Bogen in diesem Aufsatz über Kinderängste weit zu spannen.
Wurzeln kindlicher Angst sind meiner Erfahrung nach: Situativ durch Bedrohung ausgelöste Ängste, entwicklungsbedingte Ängste, erziehungsbedingte Ängste, Imitationsängste (durch die Eltern o.a. übertragene Angstverhaltensweisen), menschheitsgeschichtlich bedingte Ängste, durch Erfahrung bedingte Ängste, sowie Beziehungsstörungen. Kleine Kinder haben z.B. Angst vor dem Alleinsein, dem Verlassen-werden oder vor dem Auf-sich-allein-gestellt-sein, vor Ablehnung und Liebesentzug, davor, dass die Mutter nicht wieder kommt, dass sie verloren gehen, vor Bindungsverunsicherung, vor Dunkelheit und Einschlafen, vor Albträumen, vor bestimmten Geräuschen, vor Beschämung, vor Gewitter, vor Trennung oder Verlust der eigenen Eltern, vor Überforderung, den eigenen Körper betreffend, vor aufgeladenen Stimmungen in ihrer Nähe (z.B.: Stress oder Streit), vor Ereignissen, die ihren kontinuierlichen Alltag überrollen oder vor allzu großen Überraschungen. Ängste sind immer ein Ausdruck dafür, dass etwas hereinbricht von innen oder von außen, das keine Sicherheit ausstrahlt, beunruhigt und Aufwände macht, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Wir können anhand der beschriebenen Beispiele erkennen, die Institution als solche, in der Sie arbeiten, ist nicht per se gleich ein Vertrauensraum, sondern zunächst und vor allen Dingen ein Regelungsraum. Transparenz ist deshalb ganz wichtig, damit Eltern spürbar be-greifen können, dass in Ihrer Einrichtung nicht verwaltet wird, sondern Kindern hinterher gespürt wird. Alle Eltern wissen, dass man unter Stress manchmal Dinge tut, ausspricht, für die man sich hinterher ohrfeigen könnte und die überhaupt nicht mit den Werten übereinstimmen, die wir leben wollen. Natürlich erwarten Eltern von Erzieherinnen eine gewisse Professionalität, aber sie wissen auch, dass die nicht davor schützt, Fehler zu machen. Je offener sie die Prozesse in der Kinderkrippe machen, je mehr sie die Eltern daran teilhaben lassen, um welche Themen sie in der Krippe gerade ringen, desto mehr vertrauen sie ihnen. Wer teilhaben kann, kann mitdenken und sich mit einbringen und er kann begleitende Mitverantwortung tragen. Wollen wir das nicht alle, dass das unsere Eltern tun? Nur so weit wie Eltern ihre Angst verlieren und ihr Kind im Vertrauen überlassen können, nur soweit ist das Kind auch frei, keine elterlich bedingte Angst mehr in der Krippe haben zu müssen.
IV. Was könnte das für den Krippenalltag bedeuten?
Ich wünsche Ihnen und den Ihnen anvertrauten Kindern tiefe Herzensverbindung beim Bewältigen der kindlichen Ängste. Das wichtigste im Leben sind die Verbindungen der Menschen zueinander und miteinander auf Augenhöhe. In Beziehung miteinander treten - sich verbinden mit anderen Menschen, ist für Kinder lebensnotwendig und ein tiefer Wunsch, nur so können sie sich sicher fühlen.
Ein Tag übrigens, der unter dem Motto steht, „Heute ist ein schöner Tag“ strahlt Freude und nicht Angst aus. Er beginnt mit einem Lächeln, mit einer freundlichen Begrüßung, damit, sich gegenseitig wahrzunehmen, sich anzuschauen, den Blick zu erwidern, sich gesehen zu fühlen, Nähe zu spüren und ein paar Worte miteinander zu sprechen. Da wo ich mein Herz öffne, öffne ich die Herzen der Menschen, da findet Begegnung und Kommunikation statt, da fließen die Menschen miteinander, ist es nicht so? Kommunikation lässt sich auf das lateinische Verb ‚communicare‘ zurückführen und bedeutet „teilen, mitteilen, teilnehmen lassen; gemeinsam machen, vereinigen“. Kommunikation bezeichnet also den Austausch zunächst einmal von Energiefeldern und dann erst in zweiter Linie von Informationen zwischen zwei oder mehr Personen. Als elementare Notwendigkeit menschlicher Existenz und wichtigstes soziales Bindemittel findet Kommunikation über Augenkontakt, Berührung, Sprache, Mimik, Gestik, etc. statt.
Kommunikation braucht hohes Einfühlungsvermögen und Zeit, um Vertrauen aufzubauen, Zeit, um zuzuhören und natürlich eine angstfreie Atmosphäre. Wir Pädagoginnen können durch unsere Haltung, durch unsere Art der Beziehungsgestaltung, durch unsere Art des Da-Seins das Kind zum Sprechen einladen, so dass es die Sprache dafür einsetzen lernt, seine Gefühle, Empfindungen, seine Bedürfnisse und sein Erleben mitzuteilen und sich für sein Wollen auch sprachlich zu engagieren. Denn wer eigenes Erleben versprachlichen kann, kann es in gewisser Weise auch schon „hand-haben“, er ist nicht mehr nur darin verloren, sondern gewinnt Standvermögen auch über die Möglichkeit, davon und darüber sprechen zu können. Das mildert aufkommende Ängste.
Zum Ende des kleinen Aufsatzes hin möchte ich Sie einladen, einigen Selbstreflexionsfragen zu folgen und diese für sich zu beantworten im Hinblick vielleicht auf das letzte Gespräch, das Sie mit einem Kind führten: Traten sie wirklich in Beziehung mit dem Kind? Waren sie interessiert an dem Befinden des Kindes? Wollten sie wirklich das Kind verstehen und etwas Neues herausfinden oder lernen? Haben sie sich im Kontakt ablenken lassen oder waren sie ganz bei dem Kind, das erzählt hat? Wie viel Freude hatten sie selbst beim Zuhören? Haben sie sich auf das Kind bezogen? Welche Mimik und Gestik hatten sie selbst? Welche Mimik und Gestik zeigte das Kind?
Wie Sie sicher aus jüngeren Studien wissen, gab es Untersuchungen in Kindertageseinrichtungen, in denen beobachtet wurde, wie oft Kinder direkt von Erzieherinnen angeschaut werden. Dabei wurde deutlich, dass es nicht wenige Kinder gab, die in 6 Wochen Beobachtungszeitraum nicht ein einziges Mal Augenkontakt mit einer Erzieherin hatten. Doch Augenkontakt ist Kommunikation schlechthin. Durch die Kommunikation mit dem Anderen findet der Mensch zu sich selbst und kommt dem Anderen näher – es ist das größte Geschenk wie Virginia Satire es formulierte:
„Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“
Fehlt Kindern diese wichtige Erfahrung, fühlen sie sich unsicher, sind nicht entspannt, fühlen sich nicht gehalten und auch nicht beschützt. Sie fühlen sich, ohne, dass sie es schon benennen könnten, allein gelassen und sind erfüllt von Angst.
Literatur
Joachim Armbrust, Kinder bewältigen ihre Angst: So können Eltern helfen. Stuttgart 2008, Neuauflage: Warum Kinder Ängste haben - Kinderängste verstehen und bewältigen helfen. Urania/Herder, Freiburg 2013
Joachim Armbrust & Jasmin Hasslinger: Handbücher für die frühkindliche Bildung. Kinderängste bewältigen. Wie Erzieher/innen Kinder stärken können. Mit Bildkarten. Schubi Verlag 2010
Joachim Armbrust & Jasmin Hasslinger: Ängste erleben - Ängste bestehen. Aktivitäten zur Angstbewältigung. Schubi Verlag, 2012
Joachim Armbrust & Gudrun Noll, Besser leiten mit Vertrauen - Die Kita-Leitung als verlässliche Größe für Kinder, Eltern und Team; Carl Link Verlag, Köln, 2016
Joachim Armbrust, Melina Savvidis, Verena Schock: Konfliktfelder in der Kita, Vandenhoeck & Ruprecht, 2012
Joachim Armbrust, Siegbert Kießler-Wisbar & Wolfgang Schmalzried, Konfliktmanagement in der Kita – Verständigungsprozesse im Team gestalten; Carl Link Verlag, Köln, 2013, 2. Auflage, 1. Februar 2018
Jean A. Ayres: Bausteine der kindlichen Entwicklung, 2. Auflage, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 1992
John Bowlby: Frühe Bindung und kindliche Entwicklung, Ernst Reinhardt Verlag, München 1972
Norbert Neuß (Hrsg.): Grundwissen Krippenpädagogik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Cornelsen, 2. Auflage 2012
Franz Renggli: Angst und Geborgenheit. Soziokulturelle Folgen der Mutter-Kind Beziehung im ersten Lebensjahr. Ergebnisse aus Verhaltensforschung, Psycho- analyse und Ethnologie. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 1976
Peter Sloterdijk, Hans-Jürgen Heinrichs: Die Sonne und der Tod. Dialogische Untersuchungen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, Erste Auflage, 2001
15. Februar 2021 / Joachim Armbrust / Kita-Leitung